Die wunderschöne Kleinstadt Aarhus stand auch dieses Jahr am 3. und 4. Mai wieder ganz im Zeichen der skandinavischen Musikindustrie. Das zweitägige Spot Festival wirkt wie das dänische Pendant zum Reeperbahnfestival, haben die Live-Auftritte der Bands auch mehr Showcase-Charakter – die Delegierten aus Musikindustrie und Medien dürften hier etwa ein Viertel der knapp 4.000 Festivalbesucher bilden. Die Anreise fand über Hamburg mit Delegierten-Bussen aus Berlin, Köln und Utrecht statt. Hier bot sich die erste Chance, sich in lockerer Atmosphäre über die kommenden zwei Tage auszutauschen, organisiert wurde das Ganze von der Hamburger Musikagentur Factory 92.
Die zweite Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, bekam man ersten Tag des Festivals: Der Bürgermeister hatte alle Delegierten zum Frühstück ins Rathaus eingeladen, zu dänischem Gebäck, Kaffee und Tee. Der Sprecher des Spots hält einen kurzen Vortrag über seine Vorstellungen vom Zusammenleben von Musik und Industrie. Eine strukturierte Industrie wäre wichtig, jedoch muss die Wirtschaft Musik als Kunst verstehen und respektieren. Und diese Kunst äußert sich in den zwei Tagen in Aarhus in Form von vielen Newcomer-Bands oder skandinavischen Schwergewichten, denen der richtig große Knall in den umliegenden Ländern noch nicht gelungen ist. Eins davon sind When Saints Go Machine, die im Untergeschoss des riesigen Scandinavian Congress Center eine beeindruckende Show spielen, getragen von Chillwave-Synthies, sanftem Electro-Pop und Nikolaj Manuel Vonsilds facettenreicher Stimme. In Dänemark genießen When Saints Go Machine Starstatus und zieren mehrere Heftcover der dänischen Musikpresse. Dementsprechend euphorisch sind die circa 500 Fans während des 90-minütigen Sets gestimmt.
Die große Dichte an interessanten Bands an diesem Wochenende macht es einem unmöglich, jedes Wunschkonzert anzusehen – umso besser, dass MTV-Urgestein Ray Cokes gleich drei Acts des Festivals in seiner kleinen Live-Show versammelt. In intimer Wohnzimmeratmosphäre hat Cokes sich vorgenommen, dem Publikum die Bands The White Album, Noah und die Sängerin Stine Bramsen mit kleinen Spielen und Interviews näher vorzustellen. Den Auftakt macht das Trio The White Album. Sie stellen drei Songs aus ihrem aktuellen Album vor, in reduzierter Folk-Manier mit mehrstimmigen Chor und Gitarre. Nach dem kurzen Auftritt bekommen die vollbärtigen Musiker Fotos von ebenso bärtigen Berühmtheiten gezeigt, die sie erkennen müssen. Als nächstes ist die junge Band Noah an der Reihe, die ebenfalls erst ein paar Songs zum Besten gibt und anschließend ein paar persönliche Fragen gestellt bekommt – die Antwort nimmt das Publikum mithilfe von roten und grünen Karten vorweg und versucht die Band so richtig einzuschätzen. Zum Ende der Show bittet Cokes Stine Bramsen auf die Bühne, die ein paar Songs mit Keyboardbegleitung spielt und danach ebenfalls auf dem Sofa neben der britischen TV- und Radiolegende Platz nimmt. Da Bramsen die 80er zu ihren größten Einflüssen zählt, spielt Cokes ihr Songs aus dieser Zeit vor, die es gilt zu erraten.
Auf den Weg zu diesen Rahmenveranstaltungen oder Konzerten des Spot Festivals durchquehrt man mehrmals am Tag das Foyer des Musikhuset, wo scheinbar rund um die Uhr Bands spielen, die einem häufig spontan den Plan durchkreuzen und zum Stehenbleiben und Zuhören zwingen. Aber auch in den großen Konzertsälen bieten sich einem Highlights des Line-ups. Eins davon war der Auftritt des Trios Mother Lewinsky, das zusammen mit dem Danish Youth Ensemble, kurz DUEN, mit pompösen Popsongs überzeugte. Weitere denkwürdige Auftritte lieferten außerdem Echo Me, Broken Twin, Mø, Penny Police, Den Fjerde Væg und vielen anderen. Am Samstagabend ließ man den Abend dann in der wunderschönen Altstadt ausklingen, bevor am nächsten Morgen, bepackt mit neuen Gesichtern und neuer Musik, die Rückreise anstand. Danke Spot, das war schön.