Viele Musikschaffende, Fans und andere Streaminganbieter waren über Daniel Eks Aussagen alles andere als glücklich. Der Spotify-CEO hatte vor einer knappen Woche einen Post auf X (Twitter) abgesetzt, in dem er behauptete, dass “die Kosten für die Musikproduktion heutzutage praktisch gegen null gehen”, deshalb “können die Menschen eine unglaubliche Menge an Content teilen”. Mit dieser Aussage löste er jedoch eine Kontroverse aus.
Ähnlich kontrovers schrieb er in dem Tweet weiter über das Konzept von Haltbarkeit der Musik. Während vieles von dem, was wir sehen und hören, schnell veraltet sei, gebe es zeitlose Ideen oder sogar Musikstücke, die über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte relevant bleiben können. Ek denke darüber nach, was die unintuitivsten, aber beständigsten Ideen seien, die heute nicht häufig diskutiert werden, aber eine lange Lebensdauer haben könnten.
Today, with the cost of creating content being close to zero, people can share an incredible amount of content. This has sparked my curiosity about the concept of long shelf life versus short shelf life. While much of what we see and hear quickly becomes obsolete, there are…
— Daniel Ek (@eldsjal) May 29, 2024
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Viele Künstler:innen und weitere Menschen aus der Musikbranche fühlten sich offensichtlich ungesehen und falsch behandelt. Die Hauptkritikpunkte in den Reaktionen waren, dass Musik zum einen mehr sei als “Content”. Zum anderen, dass die Produktion und Veröffentlichung bei weitem nicht kostenlos oder billig sei.
Die konkurrierende Streaming-Plattform Tidal meldete sich daraufhin zu Wort. Sie stellte sich gegen die Aussagen des Spotify-Chefs und betonte, dass sie Musik als Kunst betrachtet und nicht nur als “Content”. Tidal erklärte, dass Kunst unbezahlbar sei und dass die Kosten viel mehr als nur Geld seien. Es gehe auch um Herz und Mühe. KT Tunstall bezeichnete Eks Aussagen etwa als kurzsichtig und erklärt, dass es zwar möglich sei, Musik billig zu machen, aber man braucht trotzdem Equipment und muss seine Mitarbeiter:innen fair bezahlen.
Come on, Daniel. Art is priceless and its “cost” is much more than just money, it’s heart and effort. We thought everyone knew that. https://t.co/5yaoGhkwK6
— TIDAL (@TIDAL) June 3, 2024
It’s *possible* to make music cheaply, but you still need equipment. And making music the way I make it also employs other people and takes time, so yes. It’s such a completely fucking myopic thing for him to say.
— KT Tunstall (@KTTunstall) May 30, 2024
Auch die Organisation The Future of Music Coalition und die Primal Scream-Bassistin Simone Marie Butler äußerten sich kritisch zu Eks Aussagen, wobei Letztere Ek sogar als “realitätsfremden Milliardär” bezeichnete.
It actually can still be expensive to make records, especially if you care about paying your collaborators fairly. https://t.co/Um5DNDNeS7
— Future of Music Coalition (@future_of_music) May 29, 2024
FK off u out of touch billionaire . pic.twitter.com/lYzi7LmRYz
— simone marie (@simonemarie4) May 30, 2024
Fünf Tage, nachdem Daniel Ek behauptet hatte, Musik lasse sich heute quasi gratis produzieren, rudert der Spotify-CEO zurück. Er habe sich zu vage und ungeschickt ausgedrückt, veröffentlichte er in einem weiteren Update und entschuldigte sich für seine Äußerungen. Er erkannte an, dass sein ursprünglicher Beitrag schwammig und seine Definition von “Content” ungeschickt war. Seine Absicht sei nicht gewesen, die Schwierigkeiten und den Aufwand, die mit der Schaffung von Kunstwerken verbunden sind, herunterzuspielen. Er betonte, dass sein Fokus darauf lag, wie man in einer Welt der ständigen Schöpfung bedeutungsvolle Ideen und Kunstwerke erkennen kann, ohne dass sie im Lärm untergehen.
Obviously seeing the feedback to this one and wanted to respond. It’s clear I was far too vague in the post, including with my clumsy definition of content. I understand how it came across as very reductive and that wasn’t my intent. Just to clarify – my original point was not to… https://t.co/kMR0zE17Ay
— Daniel Ek (@eldsjal) June 2, 2024
Ein Grund für die starke Gegenreaktion zu seiner Aussage könnte auch sein, dass Spotify sich mit seinen wirtschaftlichen Entscheidungen in letzter Zeit ebenfalls unbeliebter gemacht hat. In den jüngsten Berichten werden Rekordgewinne des Unternehmens verzeichnet. Dennoch wurden Stellen abgebaut und die Abonnementpreise erhöht. Spotify kündigte Ende 2023 an, 17 Prozent seiner Belegschaft zu entlassen, um Kosten zu sparen. Zuvor hatte das Unternehmen bereits beschlossen, weitere 6 Prozent der Mitarbeiter zu entlassen. Darüber hinaus hat Spotify beschlossen, alle Songs mit weniger als 1.000 Streams auf der Plattform zu demonetarisieren, was zu Kritik geführt hat. Trotzdem verzeichnet Spotify einen Anstieg von 14 Prozent bei den Premium-Abonnent:innen im ersten Quartal und plant erneut, die Preise für die monatliche Premium-Mitgliedschaft zu erhöhen. Immer wieder melden sich Künstler:innen zu Wort, die sich über die aktuelle finanzielle Unsicherheit durch die Streaminglandschaft beschweren.