Während Präsident Jürgen und Anwalt Patrick heute als einzige den Weg in die Sauna antreten, chillt der Rest in der nicht minder heißen Sonne vor dem Bus ab. Die einzigen Anstrengungen werden unternommen, wenn sich mal einer aus den beiden Liegestühlen erhebt, dann ist die Reise nach Jerusalem in vollem Gange. Aus dem Bus neben unserem springt ein schmaler Mann mit einer spacigen NASA-Mütze. Auf die Frage, ob er bei Man Or Astroman? spielt, verneint er nur lächelnd, murmelt noch etwas Unverständliches und schwingt sich auf seinem Skateboard davon.
Wenig später dann die Auflösung, als der selbe Mensch auf dem Dach herumturnt und von der Security als scheinbar illegaler Eindringling einkassiert und fast vermöbelt wird. Es handelt sich um Evan Dando, der sich mit Händen und Füßen wehrt und dabei “I’m an artist, I play here tonight” ruft. Evan wird dann freundlich darüber aufgeklärt, dass er nebenan im kleineren Columbia Fritz spielt und nicht in der Columbiahalle.
Kurz vor Showbeginn ist dann auch der gestern in Bielefeld verloren gegangene Sohn Michi wieder an Bord des Turbojugend-Frachters, und einer zünftigen Abschlussfeier steht nichts mehr im Wege. Den Opener machen heute die Turbo A.C.’s, die mit ihrer netten Schrammel-Punk’n’Roll-Mischung zwar nicht weiter stören, aber auch kaum jemanden aus dem sonnenüberfluteten Biergarten der Columbiahalle herauslocken können. Seltener Fall, dass eine solche Band auf Platte mehr überzeugt als auf der Bühne, aber mit dem letzten Album “Automatic” und dem heutigen Gig ist das leider ein bisschen so. Trotzdem finden sich vor der Bühne noch genug Leute, die die Show der New Yorker ordentlich abfeiern.
Amulet sind dann gleich wieder ein ganz anderes Kaliber, was auch daran liegt, dass sie ihren energetischen Sound mit viel Bewegung auf der Bühne unterstreichen. Die Norweger stellen die sehr überzeugende neue Single “Breaking News” vom kommenden Album “Danger! Danger!” vor und liefern auch ansonsten wieder ein solides Set ab. Die Columbiahalle ist jetzt schon ein gutes Stück besser gefüllt, so eng gedrängt wie draußen ist es allerdings auch jetzt noch nicht.
Das Intro von Turbonegro lockt dann auch den letzten Rest aus der lauen Luft in die stickige Halle. Zum Glück bin ich ja bei den ersten beiden Songs im Fotograben und kann mich in den Bierduschen der ersten Reihen erfrischen. Ob das Konzert heute nun besser, schlechter oder genauso gut ist wie die vorangegangenen, vermag irgendwie keiner von uns mehr so richtig zu beurteilen. Inzwischen fehlt uns allen einfach die Frische und der objektive Abstand. Was aber sehr erfreulich kommt, ist die Erweiterung der Setlist um das geile “Train Of Flesh”, das zumindest von der Turbojugend frenetisch begrüßt wird.
Zu “Ride With Us”, wie immer ein Höhepunkt der Show, bittet Hank den Amulet-Frontmann Torgny auf die Bühne, der mit dem extrem knappen ‘Property of Turbonegro’-Jeansrock bekleidet ist. Nach Schottenart hat er auch nichts drunter, nur seinen Dudelsack. Bei der Zugabe dann das Unvermeidliche: Hank ehrt den Turbojugend-Präsidenten Jürgen mit einer Prä-Geburtstags-Lobrede und beglückt auch heute das Publikum mit seiner Arschrakete. Natürlich fängt mein bekloppter Freund Oliver den ausgebrannten Feuerwerkskörper und hält ihn später jedem stolz unter die Nase. Igitt…
Die Aftershowparty im nahe gelegenen Pair-A-Dice steht dann ganz im Zeichen der Geburtstagsfeier. Gegen eins marschieren wir dann alle zurück zum Bus, um die Band zu verabschieden, die leider recht früh losfahren muss, da übermorgen schon wieder Konzerte in Skandinavien auf dem Plan stehen. Großes Umarmen und ein paar letzte Gruppenfotos, dann setzt sich der gelbe Nightliner in Bewegung und die Denim Demons verschwinden in der dunklen Nacht. Wir alle sind froh, dabei gewesen zu sein, aber andererseits auch erleichtert, dass es nun vorbei ist. Jünger wird man auf so einer Tour nämlich nicht gerade. Aber bis zur nächsten Tour sind wir natürlich wieder fit…
Gut anderthalb Stunden später heißt es dann auch für uns ‘Get on the Bus’, der uns noch nach Hamburg bringen soll. Mit an Bord sind die rotzbesoffenen Turbo A.C.s samt eines permanent giggelnden Groupies, die sich aber zum Glück nach einer Weile in die Kojen im oberen Stockwerk verziehen. 100 Kilometer vor der Hansestadt muss Busfahrer Les dann noch mal auf die Raststätte, weil nun endgültig das Bier alle ist. Die ‘Last Men Standing’ Aki, Michi, Jürgen und ich wollen schließlich noch ein letztes Mal auf dieses unvergessliche Ereignis anstoßen. An dieser Stelle noch mal mein Dank an alle, die dabei waren und diese Tour bereichert haben. Wir sehen uns bald wieder!
Autor/Foto: Dirk Siepe