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Turbonegro over Germany / Hamburg

Turbonegro over Germany / Hamburg
Herzlich willkommen auf der Tour, die vor vier Jahren noch absolut undenkbar gewesen wäre. Doch nun sind sie schon lange wieder da, die Denim Demons aus Oslo, und es ist so, als wäre das alles ganz normal, als wären Turbonegro nie weggewesen.

Gerade zurück von der Insel spielen Turbonegro nun fünf Deutschlandshows am Stück, und ihr seid eingeladen mitzufahren auf der Road to Darkness. Zwar nur virtuell, aber dafür besteht für euch auch nicht die Gefahr, bleibende körperliche und seelische Schäden davonzutragen. Ich sitze gerade beim SWR3 im Büro von Gregor Friedel, Radiomoderator, ehemaliger VISIONS-Schreiber und Abgeordneter der Turbojugend Baden-Baden, und will noch einmal kurz Turbonegros triumphale Rückkehr in die alte Wahlheimat Revue passieren lassen, bevor es in einer halben Stunde weitergeht nach Stuttgart, wo heute der zweite Teil der Deutschlandinvasion seinen Auftakt finden wird.

Wahlheimat? Die Rede ist natürlich von Hamburg, wo sich die Band zuhause fühlt wie sonst nirgends auf der Welt. Genauer: St. Pauli, der Freistaat inmitten der Hansestadt. Da, wo die ‘Mutter aller Jugenden’ beheimatet ist, die Turbojugend St. Pauli. Deren Oberhaupt El Presidente war es denn auch, der diese unsere Reise initiiert hat. Neben ihm und meiner Wenigkeit werden noch neun weitere verdiente Mitglieder der Kiez-Jugend in einem eigenen Nightliner die Tour von Hank von Helvete, Happy-Tom, Chris Summers, Rune Rebellion, Pal Pot Pamparius und Euroboy begleiten. Unser Bus befindet sich momentan kurz vor Stuttgart, die Band müsste bereits am Venue sein, aber sonst gibt es aktuell natürlich noch nicht viel zu berichten. Darum nun zurück zum 3. Mai, zurück nach Hamburg in die Große Freiheit.

Die erste Clubshow auf deutschem Boden seit dem desaströsen Tourende 1998 war mehr als ausverkauft, doch zu Beginn konnte man sich noch ganz gut bewegen, da viele zu spät kamen, weil sie immer noch nicht mit der blöden Politik mancher Clubs vertraut sind, am Wochenende die Konzerte früh und kurz zu gestalten, damit man spätestens um 23 Uhr den Laden wieder geräumt hat für ‘Studentenfutterpartys’ und ähnlichen überflüssigen, aber für die Clubs halt sehr lukrativen Unsinn. Bei den Queens Of The Stone Age letzten Dezember, ebenfalls in der Großen Freiheit war die Anfangszeit besonders krass, aber bei Turbonegro kommt noch der Aspekt der Blasphemie hinzu. Wir reden hier schließlich von den Princes of Darkness, nicht von den Masters of Mittagsmatinee…

Als Silver anfangen, brettern wir gerade an Bremen vorbei, was sehr ärgerlich ist, da die Norweger auf dem Rest der Tour nicht mehr dabei sein werden und laut Zeugenaussagen wesentlich fetter rocken als der permanente Toursupport Division Of Laura Lee, von denen wir immerhin noch die letzten beiden Songs mitbekommen. Ganz ordentlich, aber irgendwie auch ziemlich spröde und vor Turbonegro alles andere als optimal platziert. Aber wer ist schon ein perfekter Opener für solch eine Band…

Nachdem die Gladiatoren die Arena betreten haben und das Volk salutiert hat, beginnt das Spektakel wie das Album “Scandinavian Leather”, mit dem Intro “Blizzard Of Flames” und dem nicht ganz so starken Song “Wipe It Till It Bleeds”, der aber live seinen Zweck als Anheizer durchaus erfüllt. Die Band ist in guter Form, der Sound kommt sehr differenziert und druckvoll. Es folgt eine angenehme Mischung aus neuen Nummern wie “Turbonegro Must Be Destroyed”, “Sell Your Body (To The Night)” (begleitet von einem Regen falscher Dollars), “Remain Untamed” und natürlich “Fuck The World” sowie einer Ladung alter Hits (“Are You Ready (For Some Darkness”), “I Got Erection”, “Selfdestructo Bust” und “Back To Dungaree High”).

Selbstverständlich dürfen auch “Don’t Say Motherfucker, Motherfucker” und der Kracher “Prince Of The Rodeo” inklusive Euroboys Ritt auf Pal Pots starken Schultern nicht fehlen. Bei “Drenched In Blood” beschenkt Hank die vorderen Reihen mit einem Champagnerkübel frischen Kunstbluts, was gerade in Verbindung mit den umherfliegenden Federn aus einem zerfledderten Kissen für lustige Bilder sorgt. Man fühlt sich gleich erinnert an die herrlichen Sauereien, die früher auf den Konzerten von King Kurt oder Gwar zur Tagesordnung gehörten.

Die Zugabe eröffnet mit dem Intro von “Apocalypse Dudes”, ebenfalls albumgetreu gefolgt von “Age Of Pamparius”. Die ‘Freiheit’ gerät langsam aber sicher völlig außer Rand und Band. Sogar das eigentlich nicht mehr zur Setlist gehörende “Denim Demon” wird noch einmal in die dankbare Menschenmenge geblasen. Zuletzt gab es diesen Song vor ca. zwei Jahren an gleicher Stelle von Therapy? zu hören, und auch damals war die anwesende Turbojugend den Tränen der Rührung nahe, aber es geht eben nichts über das Original.

Bei der Aftershowparty in der Skandia Bar erzählt Hank mir kurz nach dem Konzert, wie sehr es ihn berührt hat, heute wieder ihn Hamburg sein zu dürfen, und man merkt ihm seine ehrliche Ergriffenheit immer noch an. “Ich bin in den letzten Jahren so weit unten gewesen, dass ich nicht davon zu träumen gewagt habe, Hamburg noch einmal wiederzusehen. Hier fühle ich mich immer am meisten zu Hause, für uns ist das der beste Ort auf der ganzen Welt.” Und deshalb war es für ihn und die anderen auch so wichtig, dass sie hier heute so einen überzeugenden Gig gespielt haben. “Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich auf der Bühne geweint habe”, gesteht er, und es ist ihm ein bisschen peinlich. “Hoffentlich hat es niemand gesehen.” Und wenn schon, die Fans werden ihn dafür nur noch mehr lieben.

Hank trinkt noch ein paar Wodka-Red-Bull im zur VIP-Area umfunktionierten Saunabereich der Skandia Bar und verspricht, zeitig ins Bett zu gehen, um seine etwas angeschlagene Stimme zu schonen. Hat leider nicht ganz gereicht, bei der zweiten Show am Sonntagabend – die fast genauso verläuft wie am Abend zuvor, außer dass das geniale “Sailor Man” zum Besten gegeben wird – klagt der Gute bereits über Stimmprobleme, die man ihm auch anhören kann. Aus diesem Grund müssen dann leider das für Montag geplante Radiokonzert in Potsdam sowie die Show in Amsterdam abgesagt werden. Doch danach findet die Band wieder zurück in die Spur, und in London wird sogar noch ein Zusatzkonzert angesetzt, weil die Turbo-Mania nun endlich auch das Mutterland des Rock’n’Roll infiziert zu haben scheint. Doch davon später mehr…

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