Masters Of Reality
Welcome To The Western Lodge
Brownhouse/Mascot, 1999
Bizarre Festival 1999. Siepe und ich haben einen gigantischen Dübel inhaliert und taumeln moderat benebelt zum MoR-Gig ins Zelt. Dann kickt das THC – und etwas passiert, das ich bis dahin und auch danach nie wieder erlebt habe: Es wird still. Alle Umgebungsgeräusche verstummen und ich starre wie gebannt auf die Bühne, auf der sich Chris Goss, mächtig und bewegungsarm wie immer, in das Korkenzieher-Riff von “It’s Shit” schraubt. Die Gitarre vor dem Bauch wirkt wie eine Ukulele, die er mit einer fragilen Zärtlichkeit bearbeitet. Der Sound – eine glasklare Wand, gewaltig und aus einem Guss. Als mein Blick rüberwandert zu Paul Powell am Bass merke ich es: Ich höre nur den Bass. Dasselbe am Keyboard: Schneebies Akkorde stehen ganz alleine da. An John Leamys Trommeln wiederholt es sich. Ich bin tatsächlich in der Lage, jedem Instrument vollkommen autark zu folgen und zu analysieren, was die Tracks dieses Albums so großartig macht. Es gibt in meiner Sammlung keine Platte, die ich je so intensiv gehört hätte. Andreas Kohl
Muff Potter
Steady Fremdkörper
Vertigo, 2007
Das Klischee besagt: Underground-Punkband und Majorlabel, das kann nichts werden. Im Fall von Muff Potter aber fällt ihre bislang beste Zeit auf die Jahre bei Universal, in denen sie mit “Von Wegen” und seinem noch elaborierteren Nachfolger “Steady Fremdkörper” jedes Punk-Korsett sprengten, in das sie als vormalige Provinzband mehr oder weniger unausweichlich hineingewachsen waren. “Emo-Punks auf ungebremster Fahrt” war die begleitende Titelstory dazu überschrieben; das Interview hatte auf einem Autobahnrastplatz stattgefunden, und im Hintergrund des Coverfotos stand auf einem Straßenschild “Alle Richtungen”. Tatsächlich ist “Steady Fremdkörper” ein Triumph der Scheuklappenlosigkeit. Eine aufregend gebliebene Alles-kann-nichts-muss-Platte, die sich abwechselnd in Emocore und Indierock ausstreckt und in Punk ihr Fundament behält. Wer Nagels Texte auf dem Album hörte, konnte später kaum überrascht sein, dass ihm nach dem Ende von Muff Potter eine Schriftstellerkarriere bevorstand. Dem vorübergehenden Ende, wie wir heute wissen. Gut, dass die zurück sind! Dennis Plauk