Wo Gewalt aufschlagen, kommt Aufruhr in die Schrebergartensiedlung. Mit Kettensägen aus oszentativ unfreundlichem New Wave und einer guten Portion Industrielärm zertrampeln die Berliner hörbar genussvoll die getrimmten Rasenflächen und ordnungsgemäß gestutzten Hecken, denen sie in “Deutsch / Nichts in mir ist einer Liebe wert” schon den Tod unter brennenden Zaunpfählen wünschten. Das ist Post-Punk ohne Punk, aber mit der richtigen Attitüde.
Besonders ungemütlich wird es auf der neuen Single “Puppe”, wenn Frontmann Patrick Wagner vor einer synthetischen Kulisse aus stampfendem Maschinen-Beat und Industrial-Krach seinen Staccato-Schreigesang herausspuckt, der hakt und stockt wie die menschenfressende Maschinerie in Charlie Chaplins “Moderne Zeiten”.
Die B-Seite “Snooze” zeigt sich nicht einladender, wenn Gitarristin Helen Henflings unverbindliche Stimme als persönliche Assistentin durch die “Fatal System Error”-Welt eines Betriebsystems des Wahnsinns navigiert. “Ich steh nicht auf/ Ich lass dem Irrsinn seinen Lauf”, stöhnt es da zu den minimalistischen Noise-Arrangements, während weiter eifrig die Snooze-Taste aktiviert wird. Denn wer weiß, vielleicht gibt es in den surrealen Weiten der Träume tatsächlich mehr zu entdecken als in dieser “klebrige[n], unklare[n] Welt”, die sich dort draußen zu unansehnlichen postmodernen Ranz-Collagen türmt?
“Puppe / Snooze” ist bereits die neunte Single-Veröffentlichung von Gewalt, dem aktuellen Musikprojekt des früheren Surrogat-Frontmanns Wagner. Sie erscheint physisch am 4. September via Sounds Of Subterrania und ist dort zur Vorbestellung verfügbar. Gewalt veröffentlichen bisher ausschließlich in diesem Format. Einen Überblick über die bisherigen Releases bekommt ihr auf ihrer Bandcamp-Seite.