Jim Kroft aus England ist nicht nur als Musiker aktiv, er dreht auch Dokumentarfilme und setzt sich für soziale Projekte ein. Mit seiner aktuellen Fundraising-Kampagne “Boat For Sara” etwa hatte es sich der Wahlberliner zum Ziel gesetzt, ein Rettungsboot für Flüchtlinge an der griechischen Küste zu spenden. Am 21. Juli konnte Kroft die Auslieferung des Bootes bestätigen, was er via Facebook detailliert dokumentierte.
Im vergangenen Februar fuhr der Künstler mit einem Van nach Lesbos und Idomeni und versorgte dort mit zahlreichen Rettungshelfern unterkühlte Flüchtlinge, die in überfüllten Booten an den Küsten anliefen. Dabei erlebte Kroft, wie Kinder auf europäischem Boden wiederbelebt werden mussten oder in der winterlichen Kälte direkt vor seinen Augen starben.
Ein Mädchen namens Sara konnte in seinen Armen gerade noch gerettet werden. Inspiriert von ihrer Tapferkeit und Stärke fing Kroft langsam an, Songs zu schreiben und seine Erlebnisse in ihnen zu verarbeiten. Entstanden ist sein neues Album “Journeys #3”, auf dem Kroft dem Mädchen auch einen gleichnamigen Track widmet – und zu dem er exklusiv bei VISIONS nun auch ein Video zeigt: In dramatischen, traurig-intensiven Bildern liefert der Clip einen ehrlichen Eindruck von Krofts Reise und seinen Erfahrungen. Die wackeligen Kamerafahrten zeigen, wie die halb erfrorenen Flüchtlinge in überfüllten Booten an einer Küste von zahlreichen Helfern aufgenommen und versorgt werden.
“Ich werde die letzte Nacht niemals vergessen”, schrieb Kroft, nachdem er Sara kennenlernte. “Wir kamen um 23 Uhr an und gingen erst wieder am nächsten Morgen um 12 Uhr weg, weil jede helfende Hand gebraucht wurde. Während der Nacht kamen an unserem Strand rund zehn Boote mit jeweils 60 Menschen an. Ich spreche von Müttern, Kindern, schreienden Babys, Teenagern, Vätern, alten Männern und Frauen. Durchgefroren. Durchnässt vom Regen. Die Wellen, Panik. Einige waren zwei Stunden auf dem Meer unterwegs, einige sechs. Mitten in der dunklen Nacht fiel ein Mädchen, das seine Eltern verloren hatte, in meinen Armen in Ohnmacht. Ich wusste nicht, ob sie jetzt erfrieren würde. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war in Panik und die Mediziner mussten ein anderes Kind wiederbeleben – es hat es nicht geschafft. Es starb genau hier am Strand neben mir, während seine Eltern schrieen und schrieen. Jede kluge Idee oder Geschichte verkam im Vergleich dazu zu absolutem Unsinn. Du sprichst hier zu Kindern, die am Ufer neben ihren schreienden Eltern sterben. Ich hielt den durchnässten Kopf dieses kleinen Mädchens in meinen Armen hoch, und sie wachte auf und drehte durch, weil sie nicht wusste, wo sie oder wer ich war. Ihre Mutter hat uns schließlich unter der großen Aufregung gefunden. Wir haben sie abgetrocknet und warm angezogen. Danach habe ich verstanden, dass das einzige, was jetzt Sinn machen würde, war, dieses kleine Mädchen zu umarmen, bis ihr wieder warm werden würde. Irgendwann fing sie an zu lächeln und ich stupste ihr auf die Nase. Sie lachte, und ich realisierte, dass nicht ich sie gerettet habe, sondern sie mich. Wir brachten die Familie in einen Bus nach Moria, und das nächste Boot lief an der Küste auf.”
Im August kommt Kroft auf kurze Deutschland-Tour, auf der er sein Album und Teile seines Films über seine Reise vorstellen wird. Die Termine findet ihr weiter unten.
Video: Jim Kroft – “Sara”
Live: An Evening with Jim Kroft
11.08. Hamburg – Kukuun
12.08. Köln – Arttheater
13.08. Berlin – Baumhaus Bar