In ihrem Kampf gegen Online-Piraterie kam die Musikindustrie in jüngster Zeit nicht bedeutend weiter. Im August entschied ein kalifornisches Berufungsgericht, dass die Betreiber der P2P-Tauschbörsen Morpheus und Grokster für Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer nicht haftbar gemacht werden können. Zusätzlich verzichtete vor wenigen Tagen US-Senator Hatch darauf, den ‘INDUCE-Act’ – einen Gesetzentwurf zur Verschärfung des Urheberrechts – in das Parlament einzubringen.
Schließlich wendeten sich die ‘Recording Industry Association of America’ (RIAA) & Co. an den obersten Gerichtshof der USA, um das Urteil von August, welches den Betrieb von dezentralen Tauschnetzwerken für legal befunden hatte, wieder aufzuheben.
Wahrscheinlich dank ihrer guten Lobbyarbeit bekommen sie nun wieder Rückenwind von der Regierung, und so dreht sich in den USA derzeit das Karussel um das leidige Thema Online-Piraterie ein Stück weiter.
Die US-Justizbehörden haben einen umfassenden Maßnahmenkatalog ausgearbeitet, in dem Justizminister John Ashcroft (s. Foto) neben einem höherem Budget für den Kampf gegen “Cybercrime” auch mehr Befugnisse für die Justizbehörden fordert. Ein Vorschlag ist die Möglichkeit von Abhörmaßnahmen, wenn Verstöße gegen geltendes Urheberrecht vermutet werden. Ein weiterer die Stationierung von FBI-Agenten in Hongkong und Budapest, um die dortigen Behörden zu unterstützen. Das würde bedeuten, dass völlig normale Personen wahrscheinlich weltweit mit durchaus perfiden Maßnahmen ausspioniert werden dürften, ohne erwiesenermaßen der organisierten Kriminalität anzugehören.
Dieser Vorstoß des Justizministeriums erteilt Plänen, den “Digital Millennium Copyright Act” von 1998 abzuschwächen, eine deutliche Abfuhr und findet enormen Anklang unter den Begünstigten, etwa der ‘RIAA’ oder der ‘Motion Picture Association of America’. Kritiker warnen vor einer enormen Massenkriminalisierung von prinzipiell gesetzestreuen Bürgern. Wenn Ashcrofts Vorschläge umgesetzt werden, steht künftig zumindest in den USA auch passives Filesharing unter Strafe und es wären Klagen gegen sämtliche Firmen möglich, deren Produkte es ermöglichen, Urheberrechtsverletzungen zu begehen.
Wo all das hinführt, ist noch unklar, zumal der oberste Gerichtshof die Klage der Musikindustrie noch nicht angenommen hat. Eine Entscheidung des obersten Gerichtshof wäre in jedem Fall eine Grundsatzentscheidung pro oder contra Filesharing und damit wegweisend für alle weiteren Urteile, die in der Klagewelle von ‘RIAA’ & Co. angestrengt wurden.