0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Startseite » News »

With Full Force - Mit Frei.Wild, ohne uns

With Full Force – Mit Frei.Wild, ohne uns
Völkisches Gedankengut auf einem Festival für alle: Mit Frei.Wild hat das With Full Force eine Band bestätigt, die sich mit nationalistischen Tendenzen in der Mitte der Gesellschaft positioniert. VISIONS will das nicht unterstützen und zieht sich deshalb aus der Präsentation des Festivals zurück.

Am Dienstag kündigte das With Full Force Festival, das Ende Juni in der Nähe von Leipzig stattfindet, die Verpflichtung von Frei.Wild als “die momentan angesagteste, zugkräftigste und umjubelste, aber auch eine der umstrittensten Bands des Streetpunk-Sektors” an. “Gehasst und geliebt – das trifft es perfekt. Wir stehen für Toleranz, beteiligen uns nicht an Hexenjagden und freuen uns, Euch die Band zum Jubiläum erneut präsentieren zu können.”

Schon 2010 trat die Südtiroler Band in Roitzschjora auf, damals noch als relativ unbekannte Deutschrock-Band – zumindest für uns, denn wir als Festivalpräsentatoren nahmen die Band zum damaligen Zeitpunkt schlichtweg nicht wahr. Dabei waren Textpassagen wie “Kurz gesagt, ich dulde keine Kritik/ An diesem heiligen Land, das unsre Heimat ist/ Drum holt tief Luft und schreit es hinaus/ Heimatland, wir geben dich niemals auf” (aus “Südtirol”) kaum als harmlose Heimatliebe misszuverstehen. Was die Band selbst mit ihrer Südtiroler Herkunft erklärt, erinnert zugleich immer wieder stark an Gedanken und Werte des klassischen Rechtspopulismus.

So wundert es nicht, dass sich der NPD-Funktionär Patrick Schröder in einem Web-TV-Beitrag angetan über Frei.Wild äußert: “Die Band ist zwar nicht zu 100 Prozent auf unserer Linie, aber zumindest zu 80 Prozent, und sie geben 30 Prozent davon zu. Wir haben aus dieser Band die Möglichkeit, noch in extremerem Maße zu profitieren als früher durch die Böhsen Onkelz.” Die rechte Vergangenheit von Sänger Philipp Burger, der seine frühere Rechtsrock-Band Kaiserjäger heute als “Jugendsünde” umschreibt, wird dabei sicherlich auch zu einem Sympathiebonus in der rechten Szene beitragen.

Statt sich jedoch – wie etwa der ehemals rechte Liedermacher Felix Benneckenstein – ganz klar als Aussteiger zu positionieren, sprechen Frei.Wild mit doppelter Zunge: deutschtümelnde wie nationalstolze Texte werden nun mal nicht besser oder gar relativiert, wenn bei Konzerten der Band „Nazis raus!-Sprechchöre angestimmt werden.

Dass nicht jeder Frei.Wild-Fan gleich rechts von der Mitte ist, versteht sich von selbst – wie es sich mit Burger verhält, kann jedoch nach wie vor in Frage gestellt werden. So ist Burger laut offiziellem, inzwischen von der Webseite der Band genommenen Statement “nicht etwa deswegen [aus der rechten österreichischen Partei Die Freiheitlichen ausgetreten], weil ich Schuldgefühle habe oder mit dem Parteiprogramm nicht einverstanden wäre, soviel ist sicher, sondern weil ich […] eingesehen habe, dass es etwas zwiespältig ist, Parteimitglied zu sein und gleichzeitig Distanz von der gesamten Politik zu nehmen.”

Die Band selbst behauptet immer wieder, unpolitisch zu sein. In ihren Texten weisen Frei.Wild jeden Vorwurf in diese Richtung von sich: “Wir haben immer gesagt, dass wir das Land hier von Herzen lieben/ Balsam für die Seele, wie wir euch damit provozieren/ Ihr seid dumm, dumm und naiv/ Wenn ihr denkt, Heimatliebe = Politik/ Dumm geboren” (aus “Das Land der Vollidioten”). Aufkeimende Kritik – die Veranstalter des With Full Force nennen es “Hexenjagd”, an der man sich nicht beteiligen wolle – wird sogar mit einer Anspielung auf die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten verglichen: “Nichts als Richter/ Nichts als Henker/ Keine Gnade und im Zweifel nicht für dich/ Heut gibt es den Stempel, keinen Stern mehr” (aus “Wir reiten in den Untergang”). Und in einem Song wie „Wahre Werte“ werden Parolen verkündet, wie man sie von Rechten kennt: “Wann hört ihr auf, eure Heimat zu hassen/ Wenn ihr euch ihrer schämt, dann könnt ihr sie doch verlassen”. Wir sind weder der Meinung, dass diese Textpassagen unpolitisch sind, noch glauben wir, dass „Gegen Rechts!“-Aktionismus diese Aussagen wettmacht.

Das Video zum Song „Halt die Schnauze“ von 2008 zeigt eine weitere Seite der Band, die wir in einem hohen Maße ablehnen. Dort heißt es: “Du hast mich provoziert/ Nichts als Hass geschürt/ Und mich nichts als schikaniert/ Jede Meinung ignoriert/ Es war dir scheißegal/ Ganz im Gegenteil/ Provokation total/ Und feurig fatal/ Ich sag’s dir ein allerletztes Mal/ Halt die Schnauze!” Dazu laufen Bilder, in denen jemandem ins Gesicht geschlagen und anschließend auf den am Boden Liegenden eingetreten wird. Die Bilder in Kombination mit dem Text machen die Aussage klar: Hau die um, die dich provozieren, und tritt rein, wenn sie am Boden liegen. Ab wann Gewalt zum probaten Mittel wird, ist dabei nur noch abhängig von der Länge der Zündschnur des Provozierten.

Weil die Band längst große Hallen ausverkauft und kommerziellen Erfolg verbucht, warnen Politiker, Politikexperten, Journalisten und Bands davor, dass gerade die scheinbar harmlosen Texte von Frei.Wild helfen, rechtes Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft zu verankern.

Auch wir glauben, dass die Band dem Rechtspopulismus zu sehr in die Hände spielt, um als unpolitisch gelten zu können. Den Auftritt einer solchen Band wollen wir nicht unterstützen und ziehen uns deshalb aus der Präsentation des With Full Force zurück. Das ist schade um eine langjährige Partnerschaft und die von uns geschätzten Bands wie Every Time I Die, Down oder Sick Of It All, die schon vor Frei.Wild für das Festival bestätigt waren – nicht aber um Unantastbar, um eine andere Nachfolgeband von Kaiserjäger, die sich ebenfalls am rechten Rand bewegt.

Als Festivalveranstalter mit Toleranz zu kokettieren und “Hexenjagden” abzulehnen, wenn es um abgrenzenden Nationalismus geht, geht uns gegen den Strich. Deshalb findet das With Full Force 2013 ohne VISIONS statt.