Coheed And Cambria
Good Apollo I'm Burning Star IV, Volume 1: From Fear Through The Eyes Of Madness
Text: Oliver Uschmann
Ähnlich mag es Claudio Sanchez gehen, der die Science Fiction-Quadrologie, die seiner Band ihren Namen gibt, in einem Interview als seine Version der Bibel bezeichnet hat. Nun also: Drittes Album von fünf, erste Hälfte von Teil 4 der Saga. Im Internet kursieren bereits Interpretationen auf Basis der ersten öffentlich gewordenen Songtexte. Fragen, die nur verstehen wird, wer sich ähnlich eifrig wie die Matrix-Gemeinde in Foren über Figurenpersonal, Metaphorik und Entschlüsselung der Geschichte austauscht. Fest steht: Sanchez hat ein gigantisches Gleichnis geschrieben, in dem es immer ums Ganze geht und dessen dramatischer Motor namens Vertrauen/Misstrauen weder vor Motiven wie Kindermord zurückschreckt, noch davor, einer Erlöserfigur den eigenen Namen zu geben. Die Platte steigt orchestral mit einer abgewandelten Version des bereits bekannten Leitmotivs ein, zupft eine Runde und brät uns zum eigentlichen Auftakt schamlosen, brachialen Synthie-Streicher-Metal um die Ohren, der letztlich Led Zeppelins “Kashmir” variiert. Die Mittelachse bildet mit “Wake Up” eine traurige, zum Seufzen schöne Ballade, während der vierteilige, rund 30-minütige Schlussakt “The Willing Well” von krummen Takten über nahezu Orff’sche Dramatik bis zu Hardrock-Soli und falscher Heiterkeit alles bietet, was man von der Band erwartet und in bislang sattester Produktion den Stilvorrat der Rockgeschichte abgrast. Die Füllung dazwischen lässt allerdings ratlos zurück. Recht straight rockt und groovt sie dahin, bleibt aber seltsam blass. Als würde sie nur dazu dienen, die Story abzuerzählen, bevor der nächste Klimax kommt. Dass die Band davon unabhängig schon jenseits von Gut und Böse steht, zeigt die Tatsache, dass sie spätestens nach diesem Album parodierbar geworden ist. Ob Stimmhöhe, Phrasierung oder Wortwahl: Eines Tages werden Insider sich rhythmisch Begriffe wie “paradise (ei-ei-eis)”, “die (…ei ei ei)” oder “oh oh ohohohoh” sowie Schwüre der Marke “I kill anyone for you” an den Kopf werfen, sich auf die Schulter klopfen und genau wissen, welche Band gemeint war. Und auch das muss man erst mal erreichen.
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