Antony And The Johnsons
I Am A Bird Now
Text: Marcus Kalbitzer
Antony hat sein künstlerisches Ego in der homosexuellen Szene des New Yorker East Village entfaltet. Zunächst mit exzentrischen Kabarett-Auftritten, später mit sparsam instrumentierten, schwülstig-schönen musikalischen Performances. Zu Piano, Streichern und vereinzelt Gitarre schwelgt der divenhafte Ausnahmekünstler in jazzig-souligen Geschichten über Liebe, Lust und Untergang. Zunächst wurde Laurie Anderson dort auf ihn aufmerksam, stellte ihn Lou Reed vor, der das düstere Zwitterwesen mit auf Welttournee nahm, wo er Antony den Velvet Underground-Klassiker “Candy Says interpretieren ließ. Spätestens damit wurde er zum Shooting-Star der New Yorker Off-Szene. Folgerichtig ziert das Cover seines zweiten Albums nun ein Foto von Candy Darling, einer früh verstorbenen Drag-Queen, die durch Andy Warhols Factory zu Berühmtheit gelangte und der Lou Reed mit eben jenem Song seinerzeit ein Denkmal gesetzt hat. Und das Album hält, was sein melancholisches Artwork verspricht. Antony ist ein androgyner Engel der Dunkelheit, der zwischen den Geschlechtern hin- und herschwebt und in seiner Stimme Elvis Presley, Marc Almond und Nina Simone vereint. Mit “I Am A Bird Now hat er ein faszinierendes Werk erschaffen, das jegliche Kategorisierung unterläuft. Es klingt wie der perfekte Soundtrack zum nächsten Film von David Lynch und bietet mit Rufus Wainwright, Devendra Banhardt, Lou Reed und Boy George illustre Gastmusiker. Keine Pop-Massenware, die am Fliessband produziert worden ist, sondern berührende Kunst, die ihre Künstlichkeit bewusst zur Schau stellt. Widersprüchliche Reaktionen sind damit vorprogrammiert. Aber die nimmt Antony ohnehin konzeptionell in Kauf.
weitere Platten
Turning (CD & DVD)
VÖ: 07.11.2014
Cut The World
VÖ: 03.08.2012
Swanlights
VÖ: 08.10.2010
The Crying Light
VÖ: 16.01.2009