Es musste so kommen. Nach 25 Jahren wurde es Zeit, dass eine Band, die so sehr von der Nostalgiesehnsucht ihres Publikums lebt, sich selbst einmal nach hinten orientiert. Denn die Messe des Fortschrittsglaubens war mit “Exciter” gesungen. Noch cleaner, aufgeräumter und souveräner kann man state-of-the-artige Fitzel-Elektronik und stadiontauglichen Gefühlspop nicht austarieren. Gore, Gahan und Produzent Ben Hillier besannen sich auf die Phase Anfang der 90er Jahre, als die Eighties-Fans der Band zunächst Verrat auf die Fahnen spuckten, weil sie sich vom Synthie-Dogma abwendete, auf Gitarren und echten Drums spielte. “Violator” und “Songs Of Faith And Devotion” boten Rock mit Depeche-Mode-Mitteln, und aus diesem Ansatz bezieht “Playing The Angel” seine stärksten Momente. Der Beginn ist überzeugend bis überwältigend: “A Pain That I’m Used To” lebt von einem organischen Drama-Puls, der die dunkle Stimmung der Platte vorgibt, während im Refrain die Rockwalze lostuckert. “John The Revelator” hätte sich mit dem Evangeliums-Text und Gospel-Backgrounds auch auf “Songs Of Faith…” gut gemacht. Und “Suffer Well”, der erste von drei Gahan-Songs, ist die größte Überraschung der Platte. Gleichzeitig beruhigend und pushend, im Gestern wie Heute verankert, wird hier der Grenzgang der Stimmungen mit solcher Leichtigkeit und Eleganz beschritten, wie es selbst Depeche Mode nicht ständig gelingt. Denn im Mittelteil verliert die Platte an Spannung und Halt. Zwei solide, aber reizarme Hier-singe-ich-Nummern von Gore rahmen den Gahan-Doppelschlag “I Want It All” und “Nothing’s Impossible” ein. Der gerät recht kraftlos und vorhersehbar mit dem Thema vom schwachen Menschen und seinem starkem Verlangen, beim Refrain von “I Want It All” (“Sometimes I cry/ Sometimes I die/ It’s true”) kratzt er an der Grenze zum Banalen. “Lillian” macht es nahezu wett: Der Feelgood-Hit der Platte hantiert mit flottem Synthie-Pop der “Music For The Masses”-Ära. Zum Schluss gibt’s mit “The Darkest Star” einen trägen Bergbach statt des reißenden Stroms. Und die Erkenntnis, dass Depeche Mode offenbar nicht imstande sind, auch nur einen Flop in ihrer Karriere zu landen.
weitere Platten
Memento Mori
VÖ: 24.03.2023
Spirits In The Forest (Live)
VÖ: 26.06.2020
Spirit
VÖ: 17.03.2017
Delta Machine
VÖ: 22.03.2013
Sounds Of The Universe
VÖ: 17.04.2009
Exciter
VÖ: 14.05.2001
Ultra
VÖ: 14.04.1997
Songs Of Faith And Devotion
VÖ: 22.03.1993
Violator
VÖ: 19.03.1990
101 (Live)
VÖ: 13.03.1989
Music For The Masses
VÖ: 28.09.1987
Black Celebration
VÖ: 17.03.1986