Vielleicht gab es ja eine Absprache, geheim, irgendwo am Rande einer gemeinsamen Show. Man kennt sich von früher, hat Songs getauscht und kann sich bei jeder Gelegenheit darüber austauschen, wie es war, mal die größte Band der Vereinigten Staaten von Amerika gewesen zu sein. Womöglich also haben sich Pearl Jam und die Red Hot Chili Peppers einvernehmlich darauf verständigt, ihren zeitnah erscheinenden neuen Alben die scheußlichsten Covermotive zu geben, die sich auftreiben ließen. Wer das mit so viel Humor nimmt wie die Musikanten, darf die Riesenkeule Bildsymbolik stecken lassen und braucht sich nicht den Kopf zerbrechen über weiche Schalen, harte Kerne und was Pearl Jam sonst noch so mit einer Avocado gemein haben mögen. Die Wahrheit ist: Pearl Jam waren nie näher an einer Punkrockplatte als 2006. Alles drückt nach vorne, reißt sich los, weil Eddie Vedder diesen Dorn im Auge hat, der Bush heißt, und die anderen damit ansteckt. Im zornigen “World Wide Suicide” singt er: “Medals on a wooden mantle/ Next to a handsome face/ That the president took for granted/ Writing checks that others pay.” Ungewöhnlich plakative Worte sind das für einen wie Vedder, der oft die Metaphorik gewählt hat, seltener auch das Kryptische. Und hier in “Unemployable”, das Pearl Jam mit einem hübschen “Don’t Fear The Reaper”-Ripoff aufmachen: “So this life is sacrifice/ Jumping trains just to survive.” An diesem Punkt, zur Mitte, fährt das Album bereits ein, zwei Gänge tiefer, näher an seinen Vorgängern “Binaural” und “Riot Act”, ohne ihre Verhaltenheit, das Zuwenig an Mut zum Ausbruch zu teilen. Man hat an den jüngeren Alben festgemacht, die Band sei “erwachsen geworden” und mit ihr das Songwriting. Das ist genug, um nicht wie eine Entschuldigung klingen zu müssen. Überhaupt kann ja nur ein sehr großer Sadist sein, wer sich von dieser Platte zum x-ten Mal ein zweites “Ten” erhofft hat, kaum war die frohe Kunde durch erste Internetforen getragen, Pearl Jam würden zurück zur Ruppigkeit finden. Tatsächlich haben sie etwas sehr Kluges getan mit dieser Platte: Sie haben den Grunge im Tiefschlaf gelassen und sind trotzdem wieder laut geworden. “Pearl Jam” rockt. Das darf sich die Band gerne auf den Zettel schreiben, für den Fall, dass bei der nächsten Bandsitzung wer fragt: “Und was machen wir jetzt?”
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