“Innovationsästhetik” nennt man es allzu verkopft, womit der Opener “Napoleon Says” den Hörer konfrontiert, Wiedererkennung mit Aha-Effekt trifft es auch. Phoenix bleiben Phoenix, ihre Kernkomponenten Gitarre und Elektropop wirken weiter formbildend, allein die Auswahl der Teile unterliegt einem neuen Mischungsverhältnis, so dass die Band im Anfang glatt als Franz Phoenix durchgehen könnte. Ungestüm stampfend, den Song im vollen Galopp vor sich hertreibend: “Napoleon says to take off your clothes”, auch zuvorkommende Menschen brauchen mal den Imperativ. Die Ad-hoc-Herangehensweise ans dritte Album hat Spuren hinterlassen: mit nichts in der Hand in Berlin eingenistet, nach wenigen Monaten das Album fertig abgemischt in der Tasche. Phoenix legten die Produktionsstrecke als Luftlinie an, die Elementarteilchen-Elektroliebe von “Alphabetical” musste der dynamischen Live-Attitude von “30 Days Ago” weichen. Das alles ist allerdings keine Revolution: eher Evolution in 13 Episoden. Das Spiel mit der Hörererwartung wird virtuos fortgesetzt, der charmante Popappeal eines “Too Young” wird in die erste Single “Long Distance Call” übersetzt, instrumentale Brücken werden nach Belieben ausgebreitet (“North”). Doch gerade diese beständige Motivverkettung sorgt dafür, dass neu gewonnene Frische nicht zur Fremdheit verkommt. Und damit stehen Phoenix am Ende wieder ganz dicht vor der perfekten Popplatte; die wahre Größe der Band zeigt, dass sie mittlerweile den Weg dahin frei variieren können.
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