Holla, die Waldfee! Nach dem beachtlichen Debüt “The Milk-Eyed Mender, mit dem sich dieses entrückte Wesen schon mal ganz vorsichtig über die Grenzen der gängigen Klänge hinaus getastet hat, sprengt sie jetzt alle auf. Alleine der Opener “Emily” nimmt im Textbuch fünf Seiten ein, erzählt von fliegenden Vögeln, flüchtigen Begegnungen am Flussufer und von Meteoriten, die vom Himmel leuchten. Und das ist nur der erste Akt. Die fünf Songs breiten sich auf knapp eine Stunde aus, dauern zwischen sieben und 17 Minuten. Dazu singt Joanna Newsom atemlos wie eine junge Björk, als diese ihre Naivität noch nicht verloren hatte. Die 24-jährige ist weniger Erzählerin als Protagonistin. Wie Alice im Wunderland tapst sie durch bizarre, kunterbunte Szenarien, trifft skurrile Gestalten, durchlebt die gesamte Gefühlspalette, gewinnt weise Erkenntnisse und spielt immer wieder die Furchtlose, die alles anschaut, alles anfasst, alles ausprobiert. Die Dynamik ihrer Stimme wird von den Instrumenten bestmöglich unterstützt. Kein Wunder, bei diesen Beteiligten: Das 30-köpfige Streichorchester wurde kongenial arrangiert und das ganze Album co-produziert vom legendären Van Dyke Parks, seines Zeichens Strippenzieher bei vielen Beach-Boys-Platten und Arrangeur bei Silverchairs “Diorama”. Die beiden wichtigsten Komponenten im “Ys”-Sound – Newsoms Stimme und die Harfe – nahm Indie-Papst Steve Albini mit ihr auf. Jim O’Rourke mixte das Album. Und gemastert wurde in den Abbey Road Studios. Große Namen. Und Klänge, die nach zig Durchläufen immer noch schier unfassbar scheinen. Ein in jeder Hinsicht außerordentliches Album, von dem man noch lange sprechen wird.
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