Brand New
The Devil And God Are Raging Inside Me
Text: Philipp Welsing
“Deja Entendu” hatte alles vorbereitet. Eine Band sucht sich nach ihrem ersten Aufbocken neue Wege, um auszudrücken, was raus muss. Sie fanden einen Weg in der relativen Ruhe, nahmen sich oft zurück, um neue Freunde wie den alten Indierock wirken und ihn sich neben der immer ehrlicher, wenngleich immer fragileren Stimme von Jesse Lacey niedersetzen zu lassen. Nach allem, was im Vorfeld zu “The Devil And God…” passierte, stellte sich die Frage nach dem Wie und Was wieder neu. Wie sollte ein Album sein und klingen, das entstand, weil Brand New ihre Verpflichtungen sich selbst und ihren Hörern gegenüber ernstnahmen, nachdem ihr fertiger “Deja Entendu”-Nachfolger vorzeitig im Netz landete? Sie stellten sich Fragen, oft zu viele, und machten am Ende alles neu. Sie gingen fast daran zugrunde, allen voran der labile Lacey. Jetzt haben wir das Ergebnis, und es ist umwerfend, traurig, tröstend und pessimistisch. Es ist ähnlich wie die abschließende Entwicklung von The Promise Ring ein weiterer Schritt weg vom Emo-Baukasten aus Kreisch und Sing und fetter Gitarre und immer unglaubwürdigerem Druck auf die Tränendrüse. Brand New setzen lieber noch mehr auf zurückgenommene Härte, gleichzeitig haben sie den Mut, ihre Stärken im Bild endlich ganz nach vorn zu rücken: ihre auf breitester Ebene Feuer entfachenden Melodien im Refrain und ihre akustisch ausgelegten, teils mit letzter trauriger Kraft mit Text angehauchten Strophen. Da reißt ein Chor aus Männer- und Frauenstimmen “Degausser” plötzlich aus der hypnotisierenden Lethargie und hebt zum Abhebe-Refrain an, der mit seinen exzellenten Drums und einer einzigen feinen Gitarrenlinie Schauer treibt, während Lacey einer großen Liebe nachtrauert. “Take apart your head/ Chew it up and swallow it”, giftet er, kann aber nicht anders, als doch zu betteln: “Please take me back to your bed/ I love you so much that it hurts my head/ I don’t mind you under my skin/ Let the bad parts in, the bad parts in”. Das ist so echt, so verständlich und berührend wie jede andere Stelle dieser wunderschönen Platte. Ein Kampf der sich abstoßenden Pole, durch und durch. Elliott Smith oder Conor Oberst könnten hier mitgeschrieben haben. Als weitere grobe Vergleiche könnten Say Anything herhalten, oder Elliott, die auch mal explodieren. Und doch trifft nichts von alledem den wahren Kern dieser erstaunlichen und sehr persönlichen Denker-Platte aus Indie und Rock. Zieht noch ein wenig weiter an meinem Herzen, Brand New… Das tut so schön weh.
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