Arctic Monkeys
Favourite Worst Nightmare
Text: Dennis Plauk
Dieses Album hätte nach dem ersten Song aufhören können. Es wäre zum letzten noch einmal kurz zurückgekehrt und dann als beste Doppel-A-Seiten-Single in die Geschichtsschreibung der jüngeren britischen Rockmusik eingegangen. “Brianstorm/505” – das wäre die Messlatte für diese und die nächste Generation Gitarrenbands, von der manche behaupten, es werde ihr schon bald nicht mehr um gute Alben gehen, sondern nur um gute Singles. Wie in den 60ern, als die durchschnittliche Langspielplatte aus drei Hits und drei Mal mehr Füllern bestand. So gesehen ist “Favourite Worst Nightmare” wahlweise ein antiquiertes oder zukunftsweisendes Modell von Album. Es besitzt genau drei Songs, mit denen ihr durchweg fabelhaftes Debüt “Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not” Schritt halten könnte: die hypernervöse Breakorgie “Brianstorm” am Anfang, das ekstatisch verspulte “If You Were There, Beware” in der Mitte und mit der rührenden Schlussnote “505” den wahrscheinlich größten Song, den Arctic Monkeys bis hierher geschrieben haben. Bleiben neun weitere, die immer wieder auf brillante Momente kommen, aber selten auf den Punkt. Tragisch? Auf dieser Etappe ihrer Karriere nicht. “Favourite Worst Nightmare” ist nicht das erste zweite Album einer Band, der plötzlich ihre Detailverliebtheit im Weg steht und den Blick aufs Ganze versperrt. Es ist das, was man im Rockjournalismus eine “typische Zweite” nennt – die Antwort auf etwas, das praktisch perfektioniert war; der Versuch, auf Kosten der Spontaneität jetzt auch das letzte bisschen Falsch richtig zu machen. Ein zu bemühtes, zu sicheres Album (und im Vergleich zu den beiden anderen händeringend erwarteten zweiten Platten der New Wave Of British New Wave – Bloc Party und Maximo Park – gewiss das schwächste). Überflüssig ist es deshalb nicht. Weil es für Arctic Monkeys einerseits den wichtigen Schritt bedeutet, mehr als vorher nach sich selbst zu klingen, quasi selbstreferenziell, und andererseits eine gewaltige Energie freisetzt, wann immer ein Song nach vorne stürmt. Dringlichkeit ist der Faden dieser Platte, der nie abreißt, und das muss man erst mal nachmachen. “Favourite Worst Nightmare” hat Schönheitsfehler, über die sich trefflich jammern lässt. Man sollte nur nicht vergessen, auf welchem Niveau man gerade jammert.
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