Zwei Briten verpacken ihre miese Grundstimmung in perfekt tanzbare Rhythmen. Melodisch, laut, zeitlos. Das nächste Eine-Band-Mixtape wäre gerettet. Thema: “Unruhe”, vorbildlich umgesetzt in Wort und wilde Musik. Wobei direkt klargestellt sei: Mit einem typisch britischen Flohzirkus haben wir es hier nicht zu tun, auch wenn die langwimprigen Protagonisten in der schön schlanken Kleidung das vermuten lassen. Aber Laura-Mary Carter und Steven Ansell hüpfen nicht hektisch durch Frühlingstage; sie hauen drauf. Der Blonde auf sein Schlagzeug, die Brünette mit der Gitarre und beide im Chor. Die Hälfte der elf Songs (soll heißen: fünf) ist bereits als Singles erschienen. Die andere könnte problemlos folgen. “I can’t sleep, it’s just too hard”, beschweren sich die jungen Leute in “Take The Weight”, um dann in einen klagenden Schulchor zu fallen, bevor wieder gedroschen wird. “I’m so distracted/ I can’t concentrate on anything at all”, rufen sie in “ADHD”. Manchmal schreien sie sich auch einfach nur abwechselnd “No!” und “Yeah!” entgegen. Ungewöhnlich nur, die übliche miese Grundstimmung ausgerechnet in perfekt tanzbare Rhythmen zu packen. Der haben sie es gezeigt, der Langeweile. Gegen die Zeit kämpfen sie trotzdem noch. “How long can you miss someone?”, fragt “Say Something, Say Anything”. Dass sich die zwei Engländer viel von Übersee abgehört haben, zeigt “This Is Not For You” mit seinem dramatisch kletternden Pretty-Girls-Make-Graves-Einschlag. Beim Ausbruch sind sie wieder ganz sie selbst. Melodisch, laut, zeitlos.
10/12 Britta Helm
“It’s getting boring by the sea”, singt das gemischte Doppel, macht es auf dem Albumdebüt aber auch nicht besser. Nein, ein Totalverriss wird dieser Text nicht, den haben die beiden niedlichen Blood-Red-Shoes-Protagonisten nicht verdient. Dennoch sollen ein paar Eindrücke gerade gerückt werden, schließlich wird das jugendliche Duo schon seit mindestens einem halben Jahr als nächste große Indie-Sensation gehandelt. Männlein und Weiblein, Schlagzeug und Gitarre. So aufregend neu wie diese Kombination mittlerweile im Rockgeschäft ist, sind auch die Songs auf “Box Of Secrets”. Denn ein Schächtelchen mit Geheimnissen, vielleicht sogar Überraschungen, ist diese Platte sicher nicht. Sie hat ein paar wirklich nette Momente, die meisten davon kennt man allerdings bereits von der EP oder einer der zahlreichen Vorab-Singles. Na ja, und so richtig überzeugende Hits gab es da ja auch nicht. Aber in der Häppchenversion war das weniger ermüdend als auf Albumlänge. Die meisten Stücke lösen bei mir nach spätestens einer Minute den Impuls aus, weiterzuskippen, weil so wenig Erwähnenswertes passiert. Es ist schon klar, viele junge – so genannte – Indie-Kids werden diese Platte lieben, weil sie genau zu ihnen passt. Da zählen Style und Attitüde. Ist schon okay, so ist das eben immer irgendwann, wenn sich ein bestimmter Musiktrend etabliert hat. Und wer will schon meckern, wenn sich die Jugend in der Disco die Schuhe zu den Songs blutig tanzt? Höchstens Mama am nächsten Tag…
5/12 Jens Mayer
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