The Black Keys
Attack & Release
Text: Markus Hockenbrink
Billig is beautiful, hat es bisher immer geheißen, wenn die Black Keys ins Studio gingen. Oder vielmehr in das Zimmer mit den Eierkartons an den Wänden. Die ganze professionelle Schiene ist für die zwei aus Ohio ja eigentlich immer überflüssiger Scheiß und Zeitverschwendung gewesen, passte auch nicht zur Musik. 3.000 Dollar müssen da reichen, und überhaupt, was gut genug ist für die Weißen Streifen, ist auch gut genug für die Schwarzen Tasten. Vorbei! Für “Attack & Release” mietete sich die Band erstmals hinter einer abgedichteten Plexiglasscheibe ein, um ihr Katz- und Mausspiel zu spielen. Der Albumtitel macht Sinn im Hinblick auf die Songs, die sich auch auf der CD-Hülle altmodisch in A- und B-Seite teilen: Die eine Hälfte will angreifen, die andere wieder loslassen. Ein Bein kniet noch irgendwo in den Sümpfen, das andere steht auf dem Mischpult eines der angesagtesten Produzenten momentan. Danger Mouse ist für Rockmusik, was Timbaland für HipHop ist: das verschrobene Genie/Arbeitstier mit dem vorurteilsfreien Musikgeschmack und dem magischen Touch für ausgefallene Arrangements. Nicht, dass er anlässlich dieses Albums groß den Knüppel ausgepackt hätte, aber es ist erstaunlich, wie gut sein Studio-Feenstaub zum immerjungen Blues der Black Keys passt. “Attack & Release” hat keine Krawalleffekte nötig, um so klar und deutlich zu klingen wie ein Stern am Morgenhimmel – ein paar Glöckchen zwischen den knorrigen Zweigen genügen schon. Und cool ist das! Das Banjo auf “Psychotic Girl” klingt wie das modernste Instrument überhaupt, “Things Ain’t What They Used To Be” hört sich an, als befände sich die Melodie schon seit ungefähr 400 Jahren im Familienbesitz, und die völlig überkandidelte Panflöte auf “Same Old Thing” lässt einen abwechselnd an Whirlpoolorgien und Guerilla-Kriegsführung denken. Es heißt, mit diesen Songs wollten Daniel Auerbach und Patrick Carney einem gewissen Ike Turner ein Comeback nach Maßen auf den Leib schneidern, aber der Soul-Veteran mit dem schlechten Leumund verstarb letztes Jahr an einer Kokain-Überdosis, bevor das Projekt Formen annehmen konnte. Geblieben sind die Songs, elf zeitlose Manöver unter dem Peinlichkeitsradar, die ihren lässigen Vortrag auch noch mit Kürze würzen. “Attack & Release” ist zur Hälfte Tradition, zur Hälfte Innovation, und praktisch keine Sekunde zu lang.
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