Männer-Rock im von Männern-Sinne. Nicht ausschließlich für Männer. Aber das macht schon die Anwesenheit von schlimmer Finger Greg Dulli klar, ehemals Sänger der Afghan Whigs. Sein Partner: Mark Lanegan, QOTSA-Dauergast und früher Sänger der Screaming Trees. Trotz langer Vorgeschichte beider: Derart fließend hätten Lanegan und Dulli noch nie an einem Album gearbeitet, behaupten sie. Man mag ihnen das gerne glauben, hört man Saturnalia. Als hätten die 12 Songs seit Jahrzehnten existiert und nur darauf gewartet, dass Lanegan sich mit Drogen an den Rand der Zurechnung und des Lebens im Speziellen chauffiert. Zu wichtig der Mann, seine tiefe Bassstimme, seine Kunst, dachte Dulli darauf. Und los ging die Therapie via Musik. So wird überliefert, warum es Saturnalia gibt. Frohsinn gibt es entsprechend anderswo. Dräuend, sich aus der Verzweiflung heraus immer weiter aufschwingend, der Erlösung oder dem physischen Kampf entgegen: Das ist All Misery/Flowers, und es endet plötzlich und offen. Exemplarisch für das Album. Indie-Musik, wie großer Rock produziert, die magisch ist, weil ihre Erzähler glaubwürdig sind, ihr Leid gelebt, ihre daraus gezogenen Lehren echt: Lanegan und Dulli dürfen Zeilen mit Mama… beginnen. Und auch wenn sie es wahrscheinlich nicht wollten, haben Lanegan und Dulli ein weiteres Mal – diesmal gar zusammen – Sexmusik gemacht… Danach dann eine Marlboro. Eine Schachtel natürlich. Diese Stimmen hier gehören zusammen. Diese Ideen und diese Charaktere. Bei der Geburt getrennt, in der Gosse wieder zueinander gefunden – das muss doch länger halten als ein Album. Wir wollen es hoffen. Und eines zumindest hat dieses Projekt angestellt: Dulli singt nicht mehr ausschließlich übers Ficken, sondern mittlerweile vor allem über das Leben, und welche seltsamen Wendungen es nehmen kann. Auch das: exemplarisch für diese außergewöhnlich gute, vollkommen einnehmende Platte.