Das Brot kam super an, und der Bäcker legte nach. Er verfeinerte hier, ergänzte dort und holte einen zweiten Laib aus dem Ofen, der allen das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Die hungrigen Mäuler aßen und aßen, und um den Bäcker herum versuchten sich Heerscharen anderer Gesellen an der Rezeptur. Irgendwann fiel dann auf, dass plötzlich alle Brote gleich schmeckten. Auch unser Bäcker bemerkte das, und er begann nachzudenken. Für seine dritte Kreation verdoppelte er dann die Zutaten, doch das Rezept ging nicht auf: Alles etwas überzuckert, zu lange im Ofen. Der Bäcker, ein kluger Kerl namens Chris Martin, entschied: Ich brauche Hilfe. Also ging er zum anerkannten Konditormeister Brian Eno, der in den 70ern allerfeinste Kreationen erschuf und immer dann einen Anruf erhält, wenn Rezepte plötzlich nicht mehr funktionieren. Zuletzt waren die Bäckergesellen von Travis da und erzählten nur Gutes von den Workshops. Und tatsächlich: Mr. Eno kann vortrefflich verzieren. Doch einen Teig machen, das kann (oder will) er nicht. Den hätten Coldplay selber mitbringen müssen, doch wer Konditor Eno besucht, denkt vorher an blutrote Kirschen oder Marzipanfiguren – und vergisst, dass der Teig es ist, der die Zierstücke trägt. Kurzum: Der vierten Coldplay-Platte fehlt es an guten Songs. Wenn man die Stücke laut genug hört und Lust auf herzlichen Bombast hat, merkt man das erst gar nicht. Eno halt: Die Keyboardflächen wirken nicht flach, sondern voluminös, schön-seltsame Instrumente globaler Herkunft erzeugen Stimmungen. Doch irgendwann müssten sich dann die Momente einstellen, die belegen, wie groß diese Band ist, wenn alles stimmt. Doch das funktioniert nicht, wenn Chris Martins im Grunde starke, einzigartige Stimme weit nach hinten gemischt wird und dafür links und rechts laute Trommeln pulsieren und Gitarren allerhand Psychedelisches anstellen. Manchmal bekommt das Klangbild die Kurve. “Death And All His Friends” wandelt sich zum Ende schwungvoll, “Lovers In Japan” hat was von einem süßen Jam von Interpol und den Happy Mondays, “Reign Of Love” ist simpel, zart und schön. Bezeichnenderweise folgt danach aber eine typische Schnitte dieses Brotlaibs: “Yes” hat exotische Streicher, die garantiert schwer zu arrangieren waren. Doch klingt das Drumherum so unmotiviert schwermütig wie eine muffelige Waveband aus Westberliner Probekellern in den 80ern. Das kann es doch auch nicht sein.
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