Jetzt müssten TV On The Radio nur noch auf extraterrestrisch machen, aber dann würde man sie wohl für Sun Ra halten. Nein, TV On The Radio sind keine Diva, ebenso haben sie sich ihre anarchische Freude erhalten. Spuren über Spuren machen das Album zu einem dicken, fetten Monster, das nur deshalb nicht wie ein Brownie-Klumpen im Magen liegt, weil TV On The Radio glücklicherweise immer ohne Pathos auskommen. Auch in den düsteren Momenten. Auch in den Momenten, in denen man merken könnte, dass Sänger Tunde Adebimpe während der Arbeiten am Album den Verlust einiger Familienmitglieder und Freunde zu beklagen hatte. Wenn er in “Stork & Owl” die Eule sagen lässt: “Death’s a door, that love walks through. In and out. In and out. Back and forth. Back and forth.” Selbst dann wirkt es nicht wie ein Suhlen in Trauerbewältigung, wie eine Zurschaustellung in Form einer finsteren Grabinschrift. Genauso wenig wie Streicher bei TOTR schwülstig wirken oder der Spurenturmbau größenwahnsinnig. Es ist zwar ein teils unnötiger Spleen, aber der Groove gibt ihnen letztlich doch Recht. Der Funk ist da, Prince ist mindestens ebenso zugegen wie Bowie. Und wenn’s dann doch mal etwas rührselig wird wie bei “Family Tree”, herrje, dann will man ihnen auch nicht böse sein. Das ist schließlich eine der wenigen Nummern, die sich nachher noch problemlos aus dem Gedächtnis nachsingen lassen und mit ihrer Hook sicheres Hitpotenzial besitzen. “And in the shadow of the gallows of your family tree there’s a hundred hearts or three pumping blood to the roots of evil to keep them young” – gut, lebensbejahend ist tatsächlich anders. Aber dafür gibt es schließlich auch Tracks wie das atemlose “Dancing Choose”, dessen Groove einfach nicht loslässt. “I see you figured in your action pose foam-injected Axl Rose life size. Should something shake you. And you drop the news. Lord, just keep your dancing shoes off mine.” So, bitte, jetzt passt’s auch mit dem textlichen Beleg für die Leichtläufigkeit. TOTR bewegen sich im Ganzen weiter in der Richtung, die sie mit “Cookie Mountain” eingeschlagen haben. Jetzt mit weniger Promi-Gästen, einem Tröpfchen mehr Finsternis und etwas versteckteren Hits. Und das Letzte, was man dieser Band vorwerfen kann, ist dass ein Song klänge wie der andere. Dafür sind sie einfach zu arty, zu sehr Brooklyn Loft, zu sehr dem eigenen Anspruch erlegen, anders zu sein.
weitere Platten
Seeds
VÖ: 14.11.2014
Nine Types Of Light
VÖ: 15.04.2011
Return To Cookie Mountain
VÖ: 30.06.2006
Desperate Youth, Blood Thirsty Babes
VÖ: 07.06.2004