These Arms Are Snakes
Tail Swallower And Dove
Text: Jens Mayer
Dabei machen sie im Vergleich zu “Oxeneers” und “Easter” formal erst einmal nicht allzu viel anders. Der vertrackt-druckvolle Noise-Mathcore der Band aus Seattle, deren direkte Nachkommenschaft von Botch und Kill Sadie schon längst nicht mehr als Qualitätssiegel herhalten muss, gibt sich auf “Tail Swallower And Dove” allerdings noch eine ganze Spur konzentrierter. Wo die beiden Vorgänger hin und wieder zu zerrissen, zu angestrengt klingen, durch aufgeregt-gehetzte oder stechend-zornige Einschübe zwar an offensichtlicher Dynamik gewinnen, aber es mit der Sprödheit dieser Konstruktion auch schwer machen, sie ins Herz zu schließen, hat die Band nun ein dermaßen geschlossenes Gesamtkunstwerk eingespielt, dass die Wucht der Vorgänger sogar noch übertroffen wird. Die Songs, nein, das gesamte Album hat einen Kern, aus dem sich diese Intensität logisch entwickelt. Das ist zu einem großen Teil der Verdienst der Rhythmussektion, wobei hier besonders Schlagzeuger Chris Common hervorzuheben ist. Der steht mit seiner präzise-wuchtigen, oft vertrackten aber niemals ungezügelten Rhythmik im Mittelpunkt und verleiht dem Album eine ungemeine Dichte, wie man sie sonst nur von den oft bemühten, in diesem Fall aber wirklich zum Vergleich angebrachten Fugazi kennt (“Red Light Season”). Common hat das Album auch – ganz im Steve-Albini-Sinne – aufgenommen und hebt dabei den wuchtigen Bandsound und das minimalistische aber doch so effektive Zusammenspiel der Musiker hervor. “Ethric Double” – nicht ohne Grund im Mittelpunkt platziert – kann hier gerne als Paradebeispiel angeführt werden. Nahezu unmerklich baut sich das siebeneinhalbminütige Stück auf, die Instrumentierung wirkt stoisch, scheint sich kaum zu entfalten und schwillt trotzdem im letzten Drittel zu einer Wand an, die bedrohlich näher kommt und kurz vor dem Erdrückungstod des Hörers stehen bleibt, nur um ihm kurz darauf den Rest zu geben. Die Kompromisslosigkeit von “Tail Swallower And Dove” erinnert an Frodus Meisterwerk “And We Washed Our Weapons In The Sea” – wie Fugazi haben diese auch den “kalkulierten Druck” kultiviert, den These Arms Are Snakes hier bis zur Perfektion zelebrieren. Ein Album, das einen nicht anspringt, das vielmehr nach und nach Besitz von einem ergreift, das sich einnistet, festsetzt und punktgenau sein Gift injiziert. Ein Gift, das sich im Körper verteilt, dessen Wirkung mit jedem neuen Hören verstärkt wird und durchdringend und nachhaltig agiert und auch vor dem Herzen nicht Halt macht. Keine Angst, daran zu Grunde gehen wird niemand, im Gegenteil. Vielmehr erweist es sich als Elixier! Wir sind gespannt, wie die Szene der Hauptstadt jetzt reagiert. Fakt ist: Die müssen ordentlich nachlegen, denn hiermit wird erst einmal der Staat Washington zum neuen König des D.C.-Hardcores ausgerufen.
weitere Platten
Duct Tape & Shivering Crows
VÖ: 15.04.2022
Easter
VÖ: 13.10.2006
Oxeneers Or The Lion Sleeps When Its Antilope Go Home
VÖ: 27.09.2004
This Is Meant To Hurt You (EP)
VÖ: 23.08.2004