Denn sollte Grace/Wastelands in Begleitung ähnlicher Sucht- und Liebesdramen zur Welt gekommen sein wie 2005 und 2007 die zwei Alben seines Quasi-Soloprojekts Babyshambles, so muss man Doherty wenigstens zugute halten, seine inneren und äußeren Konflikte diesmal nicht öffentlich ausgetragen zu haben. Wahrscheinlicher ist aber ohnehin, dass Doherty sich wirklich und wahrhaftig und zum wohl ersten Mal in seiner Karriere (inklusive The Libertines) zusammengerissen hat, seine Songs in eine Form zu bringen, die man durchaus vollendet und keinesfalls fahrig nennen kann. Zwar fußen alle zwölf Stücke auf eher schlichten Melodien, die Doherty zu meist erstaunlich kraftvoller Stimme auf der akustischen Gitarre gibt. Doch wie er fast jede Nummer früher oder später mit einem liebevollen Detail spickt, macht einen Großteil der Klasse von Grace/Wastelands aus: In Last Of The English Roses ist es der französische Sprechgesang gegen Ende, in Sweet By And By das Honky-Tonk-Piano von Anfang an, in 1939 Returning die Pointe einer tragische Kriegsgeschichte, die Doherty als Sohn eines Soldaten kaum zufällig erzählt. Überhaupt versammelt Grace/Wastelands ein paar seiner besten Texte bis hierher. Da scheint es nur konsequent, dass er es rein musikalisch mitunter etwas verhaltener angehen lässt.
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