Da fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass Portugal. The Man die Praktikabilität dem optischen Aha-Effekt geopfert haben (versucht mal bitte, beim Autofahren die CD aus der Verpackung zu holen, ohne dabei a) die Augen vom Verkehr zu lassen und b) die Hülle an allen hundert Ecken und Kanten einzureißen – nein, versucht es nicht!). In Zeiten jedenfalls, in denen mancher Musikhörer mit dem Begriff Artwork nicht mehr verbindet als einen selbstbeschrifteten Rohling, ist das Multi-Ausklapp-Mobile-Cover von “The Satanic Satanist” ein echtes Statement. Zum letzten Album “Censored Colors” (2008) hätte es freilich noch besser gepasst. Denn das klang an Stellen exakt so, wie die Hülle von “The Satanic Satanist” aussieht: psychedelisch bunt, kindlich verspielt, unüberschaubar wirr. Für ein Cover sind solche Attribute grundsätzlich ein größeres Kompliment als für eine Platte – weswegen Portugal. The Man gut daran getan haben, sich auf ihrem nächsten, also diesem Album, wieder mehr am Riemen zu reißen. Wo “Censored Colors” häufig ausfranste, weil es den Song per se aus dem Blick verlor und aus Prinzip kein Proberaum-Experiment für veröffentlichungsunwürdig hielt, wirkt “The Satanic Satanist” von Anfang an klar strukturiert und einladend. Nach progressiven Maßstäben muss es sogar als bisher konventionellstes der Band verbucht werden, denn wenn sich Portugal. The Man in neue (oder neuere) Bereiche vorwagen, dann eher stilistisch als songschreiberisch: Mal sind es Reggae-Orgeln (“People Say”), mal HipHop-Beats (“Work All Day”) und immer wieder klaviergetragene 70s-MOR-Rock-Anleihen (“The Sun”, “Everyone Is Golden”, “Let You Down”), die man so bis dato kaum oder gar nicht mit ihnen verbunden hat. Wirklich überrascht werden dürfte auf diesem vierten Album in vier Jahren allerdings kaum jemand, der den rasanten und womöglich etwas überstürzten Weg der Band verfolgt. Schon eher beschleicht einen das Gefühl, dass Portugal. The Man bei diesem Tempo die originellen, oft einzigartigen musikalischen Kniffe auszugehen drohen, die ihre ersten zwei Alben Kunststücke werden ließen. Gewöhnlich ungewöhnlich, könnte man sagen – oder auf Gourleys Zeilen in “The Woods” verweisen, mit denen er selbst ein bisschen dem Exotenstatus hinterher zu weinen scheint, den seine längst nach Portland verpflanzte Ex-Alaska-Band drei Jahre nach dem Debüt verloren hat: When I lived in the woods everything was alright. Vielleicht bräuchten sie einfach mal eine Pause.
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