Davon war nicht auszugehen: Schon seit Monaten werden Surfer Blood in Internet-Blogs als eine der großen Neuentdeckungen des Jahres gefeiert, die tolle Vorab-Single “Swim”, eine Feelgood-Indie-Nummer aus der Garage mit Beach-Boys-Flair, bescherte ihnen einen Platz in Jahres-Bestenlisten und ließ nicht weniger als das Sommer-Album 2010 erwarten. Doch weit gefehlt, zum Glück. “Astro Coast” erweist sich als weitaus tiefgründiger und gehaltvoller. Wie sein Cover, das auf den ersten flüchtigen Blick nett und stylish erscheint und erst beim zweiten Hinsehen das Grauen offenbart, zieht sich fast unbemerkt auch die musikalische Schlinge um den Hals zu.
Entspannter, leicht trübsinniger Gitarren-Indie mit 90er-Touch trifft auf unbekümmerte, oft stark verhallte Vocals, hektisch-zerfranste Vampire-Weekend-Melodien hieven das Ergebnis zurück in die Moderne. Mit dem von warmen Akkorden und verträumten Melodien getragenen Floating Vibes und dem anschließenden Swim beginnen Surfer Blood ihr Debüt den Erwartungen entsprechend. “Take It Easy”, dessen vordergründig-penetrante Fröhlichkeit das Gegenteil bewirkt, eher unheimlich wirkt und gerade gesanglich Parallelen zu Les Claypool von Primus aufweist, ist ein gutes Beispiel dafür, wie “Astro Coast” als Album funktioniert. David Lynch arbeitet in seinen Filmen ähnlich: Durch Übersteigerung und minimale Abweichungen von der Norm entsteht Unbehagen. “Twin Peaks”, Lynchs TV-Serie, widmen Surfer Blood einen ganzen Song: “Twin Peaks and David Lynch/ Back on your couch in Syracuse/ Your sexual advances are unconvincing and untrue.” Durchaus passend: Der Kontrast zwischen Schein und Sein ist auch hier zentrales Thema. “Slow Jabroni” klingt, als hätten MGMT das Spritzbesteck mit Weezer geteilt. Sein kleiner Bruder “Fast Jabroni” erinnert in den Harmonien und der Intonation an die Mountain Goats.
Auch textlich sind Surfer Blood nicht weit von John Darnielle entfernt, geben sich lyrisch, post-modern und introvertiert: “Im not saying that Ive earned love/ But I could really use it now/ So turn out the lights over and over and over/ And well figure out the rest somehow”, heißt es im abschließenden “Catholic Pagans”, und so endet Astro Coast, dieser verworrene Traum vom letzten Strandurlaub mit der verhassten Ex-Freundin, mit einer der schönsten und unbeholfensten Liebeserklärungen seit langer Zeit.
Artverwandte:
The Beach Boys – “Pet Sounds”
Built To Spill – “You In Reverse”
Fang Island – “Fang Island”
weitere Platten
Carefree Theatre
VÖ: 17.07.2020
Snowdonia
VÖ: 03.02.2017
Pythons
VÖ: 21.06.2013
Tarot Classics
VÖ: 25.11.2011