Den Sellout- und Seichtheits-Vorurteilen setzen Taking Back Sunday ein sehr solides Gitarrenalbum entgegen.
Es ist doch immer so: Kommt eine Band in die Jahre und ändert ihren Stil, bewegt sie sich häufig Richtung Pop oder zieht die Akustik- den E-Gitarren vor. Die Fans der ersten Stunden finden das gar nicht gut oder werfen der Band gleich den Ausverkauf vor. Taking Back Sunday müssten das schon aus Louder Now-Zeiten kennen und den alten, neuen Vorwürfen nicht nur deshalb gelassen entgegensehen. Vermutlich fühlt es sich für die Band nämlich ganz anders an. Mit den 2010 zurückgekehrten John Nolan und Shaun Cooper standen Taking Back Sunday im ursprünglichen Line-up im Studio und betitelten ihr neues Album sicherlich nicht grundlos mit ihrem Bandnamen. Taking Back Sunday sind immer noch das Emo-Quintett, das damals im Schatten von Thursday so wunderbar wuchs und das heute nun mal älter ist als damals. Trotzdem wissen die fünf noch, wie Gitarren und Gesang klingen müssen, damit sie aufrütteln. Okay, die Single-Auswahl Faith klingt schon ein wenig nach Major-Deal oder schwächeren Zeiten der All-American Rejects. Doch zieht man das balladeske Call Me In The Morning noch ab, bleiben neun mitnehmend melodische Songs, die natürlich nicht an Tell All Your Friends herankommen, aber auch nicht diesen Anspruch haben. Allein das berstende El Paso und das drängende You Got Me sollten schon ausreichen, um gealterte Fans mit Freude zurück und nach vorne blicken zu lassen.
8/12 Matthias Möde
Passt zu: Pizza-Pranks, Highschool-Filmen von Disney, Beauty-Blogs mit Punk-Make-up. Nicht zu uns.
Wobei, halt: Ja, wir sind Fans von Songtiteln mit quatschigen Klammern, von Avataren auf Albumcovern, von nudeldick produzierten Formatradiohymnen gealterter Stars, aber – wie sagen wir das jetzt? – wir meinen das nicht so richtig ernst. Taking Back Sunday schon. Taking Back Sunday nennen ihre Songs Faith (When I Let You Down) und Money (Let It Go), haben sich eine starräugige Strapatenakrobatin aufs Cover programmieren lassen und – der Rest steht ja schon vorne. Nein, ehrlich: Buh! Dass die nette Emoband von einst längst in den Stadionpop geschlittert ist, geht nun eben nicht mehr anders, aber was ist denn jetzt wieder passiert, dass das neue Album klingt wie der Soundtrack zur eigenen Reality-Show für minderjährige Mormonen? Der Opener El Paso bricht noch biestig aus, das ist eine Falle. Sitzt man drin, ist es so, als hätte Stacie Orrico die erste Madsen nachproduziert. Eigentlich passable Indiehits, aufgeplüscht mit Striegelchören, billigen Riffs und festoperiertem Grinsen. You could lose your faith in music. In jedem einzelnen Song kommt die Stelle, an der Adam Lazzara das Mikro mit großer Geste aus der Halterung reißt und dann aufs Publikum losgeht, um dringenden Mist loszuwerden. I was there when you were lonely/ I was there when you were bored! Und jetzt ist also ernsthaft er derjenige, der beleidigt tut?
3/12 britta helm
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