Zumal Helge Jensens grenzweinerlicher Gesang die eine große Sache war, die auf der Strecke blieb, als er vor zwei Jahren zusammen mit Bassist Gunnar Vosgröne ausstieg und für ihn Felix Schönfuss kam, der zwar kräftig schreien und singen und sprechen kann, aber eben nicht so selbstmitleidig. Jetzt geht es endlich auch auf dem anderen Weg der Getrennten weiter, die sich dabei kaum in die Quere kommen. Zeilen wie Die Sonne schreit dich an, sie schreit dich an sind bei Escapado inzwischen verpönt; bei Grand Griffon kommen sie nach Hause. Helge klingt ein wenig trockener als früher, ein bisschen stärker, aber immer noch windbewegt und persönlich betroffen. Ohne dich wär ich nie so weit gekommen/ Ohne dich wär es nie so weit gekommen. Die durchdachten Gitarrenarrangements haben sie Escapado überlassen, Protektor ist unmittelbarer Punk, über den immer wieder der Hardcore einbricht. Es stürmt, Melodien drücken auf den Magen. Mein Shirt rumpelt ungewohnt heftig voran, fast verschlucken sie sich, einmal lacht Helge hämisch. Das hier hat nichts mit Unterhaltung zu tun. Kentucky nimmt sich fast so viel Raum wie die alten Kollegen. Vier Minuten lang wechseln sich immer neue Klippensprünge mit Luftholpausen ab, weich und mutig, der Song für die Überfahrt ins Krankenhaus. Sobald du aufwachst, musst du vorbereitet sein. Buchstaben und Zahlen ruft den jungen Dirk von Lowtzow auf den Plan und stellt ihm eine wachere Band in den Rücken. Ich hab nie gelernt, mit all dem umzugehen. Allein für solche Sätze sollten sie sich alle endlich wieder vertragen und zusammen auf Tour gehen.
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Mattachine
VÖ: 15.08.2014