Oder, und das ist wahrscheinlicher: Carey überlegt sich lieber zweimal, wann er wo draufhaut, will es im Zweifel eher unter- als übertreiben und immer nur das tun, was die Songs, die er geschrieben hat, wirklich brauchen. All We Grow deshalb für eine minimalistische Platte zu halten, wäre allerdings fahrlässig. Hier trippelt das gleiche nervöse Klavier wie auf der letzten Bon-Iver-EP, Careys Vocals nicken sich aus übereinanderliegenden Tonlagen zu, und wenn sich mal ein Lied breitschlagen lässt, kommt All We Grow moderner Klassik oder wenigstens den behaglicheren unter den Postrock-Bands näher, als es einer allein können sollte.
In The Dirt bringt seine Holzbläser in fünfeinhalb Minuten von Sufjan-Stevens-Hektik zu Weilheimer Gleichmütigkeit und klopft dazu einen Beat, der nur mit Handclaps und Tom-Tom verwirrender wird, als das Meiste, was man aus einer Drum Machine rausholen kann. Rothko Fields ist hinterher ein Ambientstück, das Stars Of The Lid gerade noch ereignislos genug wäre, und im Instrumental Action ist es nicht der Tribalbeat, sondern die E-Gitarre, die die Akzente setzt. Solche Sprünge kriegt Carey hin, ohne jemals die Landung zu versemmeln. Sein Album zieht sich die Teppiche unter den Füßen von ganz alleine weg, unterscheidet nicht zwischen freiem Fall oder ewiger Schwerelosigkeit und lässt sich doch nicht von einer Zielstrebigkeit abbringen, die ganz selbstverständlich weiß, dass 757 Wiederholungen des gleichen Klavierakkords okay sind, aber 758 auf keinen Fall gehen. Man fühlt so was oder man fühlt gar nichts. Carey fühlt.