Trockene Blues-Gitarren, Balkan-Balalaikas, erhabene Bläser, flächige Streicher: Feist bietet zum Start ihrer vierten Platte allerhand Beeindruckendes. Ungewöhnlich dabei, dass ihre Stimme im großen Panorama von The Bad In Each Other aus der zweiten Reihe erklingt. Das ist man bei ihr nicht gewohnt, denn wenn eine Sängerin mit ihrer Stimme zuletzt jeden Song nach Belieben beherrschte, dann Feist, die mit ihren beiden letzten Platten Let It Die und The Reminder zur musikalischen Allzweckwaffe für geschmackvolle Cafés, auf irgendeine Art verknallte oder träumerische Menschen wurde: Kann man immer bringen, tut einem immer gut. Feist, das Salbei-Bonbon der Popwelt. Nach The Reminder vergingen vier Jahre ohne neue Lieder, und Metals zeigt, warum Feist so lange pausierte. Peinlich genau hat sie darauf geachtet, jegliche Routine auszuschließen. Bitte kein Feist by numbers – für eine erfolgreiche Platte hätte es zwar sicher gereicht, aber wir sprechen hier ja vor allem von einer individuellen Künstlerin, die ihre Wurzeln in der kanadischen Avantgarde hat und nichts so sehr fürchtet wie eine Karriere als akustischer Seelenbalsam für gestresste Großstadtmenschen. Die sollen bitte weiter Milow hören und diesen Kerl so reich machen, dass er sich schnell zur Ruhe setzt. Interessant: Die Vorabsingle “How Come You Never Go There” ist mit ihrer leicht holprigen Jazz-Gefühligkeit noch am ehesten eine Routinearbeit. Wenn der Song im Radio läuft, dreht man schnell etwas lauter, weil er gut tut. Aber halt: Feist will ja mehr. Viel spannender ist “Caught A Long Wind”, bei dem sich Feist in Sachen Freigeist und Kunstbeflissenheit von Antony Hegarty oder dessen Muse Baby Dee inspirieren ließ. Der melodiöse Folkpop von “The Circle Married The Line” ist einer der Ohrwürmer des Albums, die etwas überraschende, aber reizende Lampchop-Hommage “Get It Wrong, Get It Right” oder auch die nur zu Beginn spröde Neo-Klassik von A Commotion, bei dem ihr kreativer Seelenpartner Chilly Gonzales seinen Hang zu orchestralen Arrangements ausleben darf, sind tolle Exkurse in Klanglandschaften, in denen Feist auf ihren Soloplatten bislang nicht Station gemacht hat. Es ist ungemein lohnenswert, ihr dabei zu folgen. Und noch ein Tipp zum Abschluss: Wer es gewohnt ist, beim Albumcheck immer nur die ersten paar Sekunden zu hören, sollte für Metals umdenken, denn Feist hat sich für jeden dieser zwölf Songs eine Menge einfallen lassen. Deshalb hat es auch so lange gedauert, bis dieses Album fertig geworden ist.
weitere Platten
Multitudes
VÖ: 14.04.2023
Pleasure
VÖ: 28.04.2017
Look At What The Light Did Now
VÖ: 21.01.2011
The Reminder
VÖ: 20.04.2007
Open Season
VÖ: 16.05.2006
Let It Die
VÖ: 13.09.2004