Wieder eine dieser Postrock-Platten, die schon mit ihrem Cover die typischen Postrock-Landschaftsvergleiche heraufbeschwört – wie soll man da bitte ohne abgenutzte Floskeln auskommen? Dann lieber gleich mit viel- und nichtssagenden Wortspielen wie Godspeed You! Black Empros in die Tür fallen oder alle Floskeln in einem Satz abfrühstücken und sie anschließend aufdröseln: Einzigartiges und abwechslungsreiches Kopfkino, das der Instrumental-Dreier aus Chicago mit dem Dampfhammer in seine bunten Klangteppiche einarbeitet. Tatsächlich auffällig sind die neuen Töne, die Empros mitbringt. Nach einer Gruppe von Soldaten auf Station und einem verlassenen Krankenhausgebäude auf Geneva, bringt das Licht im Wald nahe des Devils Tower, ein alter Vulkanstumpf in Wyoming, Farbe ins Spiel und lässt das Cover regelrecht erstrahlen. Geheimnisse birgt es dennoch. Eines wird erst mit dem letzten, sechsten und kürzesten, viereinhalb Minuten umfassenden Track Praise Be Man gelüftet: Russian Circles singen und klingen dabei wie ein Lo-Fi-Folkrock-Ambient-Ein-Mann-Projekt. Bassist Brian Cook hatte den Song, der eigentlich für ein anderes Projekt bestimmt war, aus seinem Schlafzimmer ins Studio geschmuggelt. Auch Atackla, das erst nach gut zwei Minuten aufbricht, und Schiphol, das klingt, als würden in den Niederlanden nur Segelflieger oder imperiale Sternzerstörer starten, bieten weitere Ambient-Passagen. So haben Russian Circles trotz aller Vorankündigungen mitnichten ihr härtestes Album aufgenommen. Wenn sie Schlagzeuger Dave Turncrantz aber mal von der Kette lassen, Gitarrist Mike Sullivan mit seinen Loops und Effekten spielen darf und Brian Cook mit seinem bratzenden und zerberstenden Bass jeden Zwischenraum füllt, dann sind wir wieder beim wahrhaftig unverkennbaren Instrumental-Sound der Chicagoer. Auf Empros passiert das gleich im Opener 309. Ein klassisch schwerer Song, der auffällige Wechsel und Headbang-Riffs parat hält. Anschließend legt Sullivan mit schönen Gitarren-Loops den melodiösen Hit der Platte offen: Das spät überbordende Mladek kommt den Landschaften voll gleißendem Licht am nächsten, benannte die Band den Song doch auch nach ihrem haarigen und tätowierten Tour-Busfahrer Tomas Mladek. Trotz einer Tonne an neuem Material haben Russian Circles (erneut) nur sechs Songs veröffentlicht, die zwar Abwechslung bringen, aber doch nicht an die großen und lauten Momente von Station heranreichen. Dafür kann man mit den drei Anspieltipps ruhigen Gewissens gleich das halbe Album ganz besonders empfehlen.
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