David Lynch
Crazy Clown Time
Text: Sascha Krüger | Erschienen in: VISIONS Nr. 224
![David Lynch - Crazy Clown Time](https://www.visions.de/wp-content/uploads/17605-1-350x350.jpg)
Klar: Erst mal ist man hochgradig neugierig, wenn einer der aufregendsten Regisseure der Gegenwart mit 65 Jahren plötzlich sein erstes Soloalbum vorlegt. Dass er eine enge Beziehung zu dunkel-atmosphärischer Musik hegt, wusste man bereits durch seine Kollaborationen mit Angelo Badalamenti oder Danger Mouse & Sparklehorse. Trotzdem war nicht zwingend mit einer eigenen Platte zu rechnen. Jetzt, da Lynch es getan hat, tritt jedoch Ernüchterung ein; man denkt an den Schuster, der besser bei seinen Leisten geblieben wäre. Keine Frage: Lynch versteht sich auf die Erzeugung düster-mysteriöser Stimmungen, auch klanglich. Seine eigenwillige Mixtur aus verschlepptem Delta Blues, wabernden Soundflächen und wie runtergepitcht wirkenden TripHop-Beats ist individuell und geprägt von einer galanten Souveränität. Es wird aber zu schnell deutlich, dass hier tatsächlich die Ästhetik über ein Songwriting regiert, das eigentlich gar keins ist. Denn weder lassen sich ernsthaft nachvollziehbare Strukturen ausmachen, noch wird hier – außer beim Gastvortrag von Karen O – groß gesungen. Vielmehr rezitiert Lynch, meist extrem verfremdet durch geradezu putzig antiquiert wirkende Stimm-Synthesizer, eigene Gedichte und Kurzgeschichten zu wabernden Sound-Entwürfen. Das kann eigentlich nur ein Ziel haben: dass man beim Hören im Kopf seinen ganz eigenen Lynch-Film entwickelt. Bei diesem Vorhaben steht Lynch allerdings das eigene Vermächtnis im Weg. Die wirklich von ihm gedrehten Filme sind einfach zu stark und kraftvoll, um diese Musik neben sich zu dulden.
weitere Platten
Cellophane Memories (mit Chrystabell)
VÖ: 02.08.2024
The Big Dream
VÖ: 12.07.2013