Wer von Anathemas dunkler Metal-Vergangenheit nichts weiß, wird “Weather Systems” nicht im Traum mit dem harten Genre in Verbindung bringen. Eher mit ambitioniertem New-Age-Alternative, der nichts gegen eine Chartplatzierung einzuwenden hätte. Anathemas Geschäftsführer Danny und Vincent Cavanagh wollen es jetzt wissen: Sie bringen den Bandsound derart auf Stromlinie, dass auch Coldplay-Fans das Reinhören riskieren können. Die neun Songs reihen sich rhythmisch wie strukturell höchst aufgeräumt aneinander, der Gleitflug auf “Weather Systems” soll ohne Luftlöcher oder andere Schieflagen sicher zu Ende gebracht werden. “Untouchable 1” hebt mit perkussiven Gitarrenfiguren ab, die in ihrer ständigen Wiederholung kaum von Loops zu unterscheiden sind. Selbst die emotionale Eskalation von Cavanagh und seiner Duettpartnerin Lee Douglas, die den Song beendet, wirkt geprobt und kontrolliert. Der stille Zwilling “Untouchable 2” geht in eine Piano-Kontemplation über, betont offene Akkordfolgen wirken dabei wie der Versuch, große Spannung aufzulösen – aber die gibt es auf “Weather Systems” kaum. Wenn es doch mal kracht im Anathema-Luftschloss fühlt man sich schwer an Pure Reason Revolution erinnert. Die zweistimmigen Gesangslinien in “The Storm Before The Calm” werden mit Elektro-Elementen und maschineller Rhythmik beantwortet, und auch “The Gathering Of Clouds” lebt von Gegensätzen statt vom seichten Prog-Brot allein. Mit etwas mehr Hagel, Blitz und Donner hätte “Weather Systems” dabei das werden können, was die Natur vormacht: ein kleines Wunder.
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