Messer
Im Schwindel

Bevor Otremba zum Mikrofon griff, drückte er seine Gedanken bereits in Bildern aus. Eines seiner Gemälde ist auf dem Cover des Messer-Debütalbums zu sehen. Es zeigt eine traurige, vom Leben gezeichnete Person, die stellvertretend für einige der neun Songs oder den Spoken-Word-Track “Weißer Rauch” stehen könnte. Sie hat wohl schon ähnliche Fieberträume oder Lügen durchlebt: “Die Wut, die mich zerfrisst, weil das Leben eine Lüge ist/ Das Glück, das mich zerfrisst, weil das Leben meine Liebe ist”, lässt sich Otremba in “Lügen” zum krautrockigen Postpunk-Rhythmus über das Leben aus. Die sich am Ende wiederholende Zeile “Meine Wut kennt keine Grenzen” erinnert schwer an den Blumfeld-Song “Mein System kennt keine Grenzen”, auch wenn Messer weniger nach “Old Nobody” als nach “L’État Et Moi” klingen. Welche Zeilen man auch nimmt – Messers Songs atmen Verzweiflung, Verdrossenheit und Verachtung. Schmutz, Wut, Hoffnung, Rebellion und Unruhe. Leben. Otremba flüstert, spricht, singt und schreit die Zeilen, die wir bald vielleicht auf Wänden oder in Statusmeldungen lesen werden. Manchmal würgt er sie geradezu heraus. Das kann er, weil es perfekt in den Im Schwindel- Kontext passt und weil er eine arschtighte Band im Rücken hat, die seinen Worten Nachdruck verleiht. Im Opener “Was man sich selbst verspricht” legen Messer noch eine nervöse Indierock-Finte, anschließend orientieren sich die fiebrigen, teils monotonen Rhythmen aber an schmutzigem Postpunk und Krautrock. Monarchie und Alltag in Münster.