Das zweite Album der Hannoveraner fängt erstaunlich greifbar an. In den ersten zehn Minuten versteigen sich die Beteiligten in einen fast parodistischen Trubel aus abgehangenen Metal-Gesten, die plötzlich vom verzweifelten Stakkato der Textzeile Weil ich mich so sehr in dich verliebt hab ausgebremst werden. Der Abstieg beginnt, der Protagonist durchlebt eine quälende Trennung. Die einstündige Reise durch Kopf und Herz von Holon: Anamnesis klingt wie nichts sonst. Ein Hybrid aus Metalcore, wagnereskem Irrsinn und Mr. Bungle. Lyrisches wie Hymnisches steht gleichberechtigt neben wütend Aufbegehrendem. “Holon: Anamnesis” klingt besser als sein Vorgänger, musikalisch reifer, und es trifft mit seinen wahren Sätzen und ans Herz gehenden Momenten so ins Mark, dass es zwangsläufig überwältigend ist. Ein Song wie “Ligaphob” hat dabei das Zeug, The Hirsch Effekts “Vortex Surfer” zu werden. Das sinfonische “Agitation” und das fast zwölfminütige “Mara” zeigen die kompositorische Leichtfüßigkeit, mit der die Band ein Orchester als viertes Instrument benutzt. Und gerade wenn man denkt, das höllisch schlecht gelaunte “Ira” wäre der Abgesang auf alles Versöhnliche, sackt der Erzähler wieder zu einem Häufchen Elend in sich zusammen: “Denn ich bin immer noch keinen Schritt weiter weg von dir”. Bis zur kongenialen Verdeutlichung einer Rollenverkehrung (dieser Spoiler wäre hier einfach zu viel des Guten), hat “Holon: Anamnesis” seinen Vorgänger übertrumpft.
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