Umso wichtiger, den Kopf geradezuhalten. “Live your life and dont apologize to the cowards of this world/ Theyre a waste of time”, rät Chris Hannah in “Cognitive Suicide” wohl vor allem sich selbst, so wie “Failed States” insgesamt klingt wie eine einzige große Erinnerung an das, was zählt – und wofür es sich nicht lohnt. Das fängt an – logisch – mit seiner wuchtig rockigen “Note To Self” und findet in “Duplicate Keys Icaro (An Interim Report)” ein metallisch bollerndes Ende, aber keinen finalen Triumph. Den gibt es nicht bei Propagandhi, kann es nicht geben, solange die Welt nicht in Ordnung ist, eher laufen die Kanadier nach über 25 Jahren Bandgeschichte Gefahr, auszubrennen. Ihr sechstes Album macht das so gut, dass sie das erkennen und dem Frust immer wieder trotzen. “I am patient, I am frail/ But I am tired of you”, heißt es in “Rattan Cane”. So viel schlichte Offenheit muss man erst mal schaffen.
Wichtig ist auch, dass Failed States Punk ist, kein verkrusteter Postpunk, keine experimentellen Ausflüge, sondern zwölf Songs, von denen jeder einzelne ganz ohne Ansage ein rasantes Circle Pit starten kann und wird, damit dazwischen alle ausgetobt genug sind, um zuzuhören. Propagandhi thrashen sich straight durch ihre Platte; dass sie fürs metallischere Gefühl gerne mal ein paar irre Riffs einbauen und die Refrains eine Spur tiefer hängen, ist ja nun nichts ganz Neues mehr, aber ihnen kommt nichts Hinderliches zwischen die Räder, die seit Ewigkeiten so tapfer heißlaufen. Wie frisch so ein unkomplizierter Ansatz immer noch funktioniert, zeigen am besten die Songs unter zwei Minuten, von denen es immerhin vier gibt. Am allertollsten ist das übermütige “Things I Like”, in dem Hannah (so wie zuletzt etwa Kate Nash in “I Hate Seagulls”) charmant aufzählt, was er mag. Wissenschaft. Frischgefallenen Schnee. And I like the makebelieves/ They remind me of me.
Propagandhi sind immer noch Utopisten, aber realistische. Nichts weniger als eine perfect world wollen sie, und sich dann endlich nicht mehr mit Idioten rumschlagen müssen. I look at you/ I see nothing but a fool. Die Guten dürfen bleiben, sich mit rotierenden Armen gegeneinanderwerfen und sich gemeinsam mit der
Band die Augen aus dem Kopf brüllen. The answer’s there, right before your eyes. Man könnte das für naiv halten, wenn es nicht Propagandhi wären. Und wenn zwischen klaren Aussagen nicht auch Songs wie “Devil’s Creek” stecken würden, in denen Hannah in voller Fahrt und mit immer noch wütender Stimme von seinen friedlichen Kindheit in der weiten Natur Kanadas erzählt. Und das ganz ohne hemdsärmlige Holzfällerromantik. Eskapismus? Nicht mit ihm. Propagandhi gehören da hin, wo sie etwas bewegen können, und wenn es ein Raum voller hingebungsvoller Mosher ist. Von denen ihnen auch mit diesem Album niemand irgendetwas vorwerfen wird. Sie bleiben die absoluten Underdogs unter den groß gewordenen Punks, über jeden Zweifel erhaben, jeder Vereinnahmung gegenüber immun. Propagandhi werden nie zu glatt, zu heuchlerisch oder zu egal. Niemals.
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