Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen
Postsexuell
Text: Daniel Gerhardt
Sonst stimmt aber alles, angefangen von den, nun ja, gesellschaftskritischen Texten bis zum überlangen Manifestsong, der hier “Leb so, dass es alle wissen wollen” heißt und sofort begreift, “dass das keine Lösung ist”. Keine Zähne im Maul aber La Paloma pfeifen nennen sich selbst “illuster” und “leicht in die Jahre gekommen”, sie geben zu, dass sie aus Kiel stammen und spielen Postpunk im Sinn von sonderbar rocklosem Punkrock, der sich auch für die hässliche deutsche Tante von Postpunk, also NDW, nicht zu schade ist. Hinzukommt eine angenehme Asseligkeit, die vor allem Sänger Jochen Gäde ausstrahlt. Der textet zwar weniger verwinkelt als Jens Rachut, scheint aber genauso vom Leben gezeichnet und wird uns zum ungewollten Helden mit seiner Haltung aus Abscheu, Ablehnung und Abwinken. Nach “Leb so”, dem sicherlich besten Song des Monats (ich muss es wissen, hab alle Platten gehört), hat Postsexuell zwar nicht mehr viel hinzuzufügen, aber es wiederholt sich gekonnt, mal mit der gleichen Synthie-Dudeligkeit, die schon für Love A funktioniert hat, dann männlich-verletzt und doch kurz rockig in “O.S.M. 2000”, einem Lied über die “Ohne-Sabine-Maschine”. Am Ende wird noch mal ein Song lang, er heißt “Hallo, Leben, Aus” und beginnt mit einem Intro, das auch von der 70er-Jahre-Krautrock-Band Harmonia geklaut sein könnte. Alles danach ist dann wieder beispielhaft für La Paloma in seiner Mischung aus Überheblichkeit und Niedergeschlagenheit, das Crescendo dazu schön wütend und das abschließende Verachtungsgurgeln der Sache angemessen.
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VÖ: 27.02.2015