Atoms For Peace sind Yorke, Flea, Nigel Godrich und zwei hochdekorierte Sessiondrummer, sie hätten also leicht ein Album der Kabinettstückchen und fachmännischen Verlässlichkeit aufnehmen können. Daran bestand allerdings kein Interesse: Atoms For Peace waren nie als Studioband gedacht, sie sollten eigentlich nur die Songs von Yorkes 2006er Soloalbum “The Eraser” einstudieren und dann auf Tour gehen. Bei der Übertragung der Laptop-basierten Tracks auf Gitarre, Bass, Schlagzeug und Sonstiges entwickelte sich allerdings eine Eigendynamik, die keiner der beteiligten Musiker ignorieren konnte. Immer wieder wurden die Instrumentalisten hinter die Beats und elektronischen Texturen der Songs zurückgedrängt, so sehr sie sich auch eingroovten, es blieb immer Musik übrig, die klang wie von einem besonders klugen Computer programmiert.
Das Gleiche gilt für die neun Stücke auf “Amok”, die schließlich ohne größere Vorbereitungen im Studio entwickelt wurden und an die unterkühlte Untanzbarkeit von “The Eraser” oder Radiohead-Tracks wie “Where I End And You Begin” anschließen. Yorkes Falsett ist längst so tief eingebrannt in jedes RocknRoll-Gehirn, dass es immer als menschliches Element in der Atoms-For-Peace-Musik zu erkennen bleibt, alles andere ist aber tatsächlich von Stück zu Stück Verhandlungssache. Flea spielt den songdienlichsten Bass seiner Karriere, Joey Waronker und Mauro Refosco vermischen programmierte und live gespielte Drums zu kantigen Rhythmen, die Yorkes berühmtem Tanzversuchs-Stil entgegenkommen, und Godrich befindet sich im fliegenden Wechsel zwischen Laptop, Synthesizer und Sequencer, ein Multiinstrumentalist, der kaum noch Instrumente spielt. Bei Yorke laufen die Fäden dann zusammen, er singt, spielt einmal Akustikgitarre und dirigiert hier vor allem als Bandleader, der bei Bedarf den Daumen hebt und senkt.
Die Musik, die so entsteht, wird in diesem Leben nicht mehr so aufregend und aufwühlend wie “Kid A” oder “OK Computer”, da muss man schon ehrlich sein. Ihre Reize existieren aber, nur liegen sie eher in verkopften Gegenüberstellungen, wie der bereits erwähnten von Mensch und Maschine oder dem Verhältnis zwischen Groove und Umständlichkeit, das hier in jedem Track eine Rolle spielt. Schonend bringt einem Amok gar nichts bei. Der Refrain, der aus den Spacerock-Synthies von Default herausbricht, ist wahrscheinlich auch deshalb so eine Offenbarung.