Mystery Jets
Radlands

Es bekommt britischen Bands nicht immer, wenn sie transatlantische Platten planen. In Kalifornien kriegen sie Sonnenbrand, Trips nach New York führen häufig zu mauen Songs, weil Brooklyn in der Theorie spannender ist als praktisch. Nun haben sich Mystery Jets aufgemacht. Die vielen Keyboards auf den letzten Alben hatten sie in eine kreative Sackgasse geführt, zudem verließ Bassist Kai Fisher die Band. Gute Gründe für einen Aufbruch in den Westen – und das Ergebnis ist überraschend fabelhaft. Bandchef Blaine Harrison lässt nämlich nicht zu, dass sein Idealbild von Amerika mit eigenen Unzulänglichkeiten oder der mageren Realität konfrontiert wird. Er hält es da eher mit Karl May: Die Erfindung ist die schönere Wahrheit. So berichtet er im mitreißenden “You Had Me At Hello” von bodenständig erotischen Ereignissen, die aus einem frühen Film der Coen-Brüder stammen könnten. Die Band spielt dazu die Musik, die man sich bei einem US-Roadtrip im Radio wünschen würde. Nicht ohne Grund hat sich die Gruppe, die diesen Sound in den 70ern perfektionierte, America genannt: Wie nun auch Mystery Jets kombinierten sie Rock- und Pop-Sensibilität mit weit offenen Räumen. Im Gegensatz dazu steht auf “Radlands” der aalglatte Pseudo-Chartbreaker “Greatest Hits”; er simuliert eine Beziehungskrisen-Analyse auf Basis der gemeinsamen Plattensammlung. “The Hale Bob” funktioniert danach als Hommage an die beste Phase der Bee Gees, in der sie flauschigen Pop mit blauäugigem Funk kombinierten, und “The Nothing” findet heraus, wie Radiohead klingen würden, wenn sie nach “OK Computer” nicht der Elektro-Avantgarde sondern The Band verfallen wären.