Riverside steuern in ruhiges Fahrwasser, verstecken aber nach wie vor kleine Botschaften in großen Worten. Der Titel des vorangegangenen Albums “Anno Domini High Definition” klang 2009 sperrig, verwies aber in der Kurzform auf das bestimmende Thema: “ADHD” als Metapher für das Lebensgefühl des von Hektik und Hyperaktivität gegeißelten modernen Menschen. Jetzt also “Shrine Of New Generation Slaves”. Das klingt ebenfalls unhandlich, lässt sich aber sinnig abkürzen: “SONGS”. Vielleicht wollen Riverside unterstreichen, dass die Freude am Herumtoben zwischen Prog- und Artrock, Jazz und Blues ihr fünftes Album beseelt. Inhaltsleer ist “Shrine Of New Generation Slaves” trotzdem nicht, gleich mit dem ersten Satz wird es ernst: “Into this world I came/ Full of fear, crying all the time”, haucht Mariusz Duda in “New Generation Slave”, dann trudelt die Hammond-Orgel durch einen weiten Raum voller kleiner Progrock-Detonationen. Allzu laut oder gar aggressiv wird das Album aber nie. Riverside erzählen mit sanfter Stimme ein Schauermärchen über den Zeitgeist, der uns die Zeit unter den kribbeligen Fingern wegfrisst. “Deprived (Irretrievably Lost Imagination”) klingt wie eine bittersüße Gute-Nacht-Geschichte für die Menschheit, nur geflüstert und doch unmissverständlich. Den musikalischen Gegenpol bildet “Feel Like Falling”, das sich im freien Fall ins schwarze Nichts an der rockigsten Hookline weit und breit festklammert. Während Riverside auf “ADHD” sogar Blastbeats und Schreie zuließen, herrscht hier und heute leisere Verzweiflung.
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