Aber was hat es mit dem symbolträchtigen Motiv auf sich? Will sich Bowie von seiner Vergangenheit lossagen? Eine neue Phase der Wahrhaftigkeit einleiten? Oder nur seinen Sinn für Humor unter Beweis stellen? Der konzeptuellen Radikalität, die das Cover suggeriert, wird auf Platte jedenfalls nicht entsprochen. “The Next Day” wirkt vielmehr, als hätte sich Mr. Faceless in letzter Zeit mal ein paar Abende mit seiner eigenen Diskographie zusammengesetzt und deren vertrauteste Klänge in neue Songs importiert. Das Titelstück zitiert die Rock’n’Roll-Stomp von “Rebel Rebel”, auf “Boss Of Me” kommt die “Neukölln”-Tröte zum Einsatz und “(You Will) Set The World On Fire” geht beim Blinzeln als Glamrock durch. Bei der Produktion setzt Bowie leider durchgängig auf die sichere Dad-Rock-Bank, und auch thematisch schaut das Album ab und zu da rein, wo die Rolling Stones mit “Sex Drive” ungefähr waren. Die kontemplative Tiefe, die mancher Fan nach der langen Abstinenz und dem unheimlichen Videoclip erwartet hat, schlägt sich in drei Songs über das Altern nieder, die gleichzeitig auch die Highlights der Platte bilden. “Where Are We Know?” wächst sich bei wiederholtem Hören zu einer nebligen Hymne an die Vergänglichkeit aus, “I’d Rather Be High” behandelt das selbe Thema noch einmal mit überraschend witziger Pointe. Im letzten Song “Heat” geht es dann tatsächlich noch an die Nieren. Zu kargem Arrangement singt David Bowie davon, dass er selber nicht wisse, wer er eigentlich sei und dass er in punkto Liebe zur selben Erkenntnis gekommen ist wie Bob Dylan: Love is theft.
weitere Platten
Moonage Daydream
VÖ: 16.09.2022
Toy
VÖ: 07.01.2022
Brilliant Adventure (1992-2001)
VÖ: 26.11.2021
Loving The Alien (1983-1988)
VÖ: 21.10.2018
A New Career In A New Town (1977-1982)
VÖ: 29.09.2017
Who Can I Be Now? (1974-1976)
VÖ: 23.09.2016
Blackstar
VÖ: 08.01.2016
Five Years (1969-1973)
VÖ: 25.09.2015
Reality
VÖ: 15.09.2003
Heathen
VÖ: 11.06.2002
Hours...
VÖ: 04.10.1999
Earthling
VÖ: 03.02.1997