Blickt man aus maximaler Distanz auf “Earth Rocker”, dann sind Clutch auch auf ihrem zehnten Album die Band, die zwischen trockenem Stoner-Kratzen und dreckigem Südstaaten-Rock’n’Roll immer gut und nie herausragend war – sympathische Arbeitstiere, die eher durch Beständigkeit als kreative Höhenflüge auffielen. Geht man ins Detail, entdeckt man vier Musiker, die plötzlich Benzin im Blut haben: “Earth Rocker” drängt und schiebt unaufhaltsam vorwärts, hat Drive und Power für das Doppelte der rund 45 Minuten Spielzeit. Knappe 25 Sekunden schleicht sich der titelgebende Opener mit 4/4-Hi-Hat und gedämpftem Gitarrenriff an, bevor der Song sich zu einem der coolsten High-Energy-Rocker der letzten Zeit auswächst. What’s this about some DB limit/ Sorry, I can’t hear none, schnoddert Sänger Neil Fallon einem dort entgegen, If you’re gonna do it, do it live on stage/ Or don’t do it at all, heißt es kurz darauf und spätestens mit dem knallend vorwärtsmarschierenden Refrain ist die Selbstverortung der Band-Maschine ebenso perfekt wie die universale Rock’n’Roll-Liebeserklärung: I’m an earth/ Rocker/ Everybody get the message? Nicht nur in diesem ersten Track wirkt Fallon damit wie eine Art Redneck-Danko-Jones, wenn er mit Testosteron-schwangerer Attitüde erzählsingend seine Sicht der Dinge über Rock’n’Roll verkündet. Das folgende “Crucial Velocity” huldigt beispielsweise dem angeblich ersten Rocksong mit verzerrter Gitarre, “Rocket 88”. Auch der unter Strom stehende, ultrapotent in Szene gesetzte Rocksound der Band ähnelt dem des Kanadiers, obwohl Clutch noch deutlich öfter klingen, als würden Motörhead mit Kyuss und Lynyrd Skynyrd jammen. Der prollige Südstaaten-Einfluss von Letzteren macht dann auch einen wesentlichen Teil des Unterhaltungswertes von “Earth Rocker” aus. Die Platte nimmt sich trotz ihrer muskulösen Riffs nie zu ernst, Clutch gestatten sich selbst Spaß an ihrer Musik. Nirgends wird das deutlicher als in “D.C. Sound Attack!”, das dem mächtigen Riffrock Mundharmonika und Cowbell-Schlagzeug beibringt und dazu lässig das Image vom Bad-Boy-Rocker überzeichnet. Nur einmal lassen Clutch die Riff-Ungetüme einen Moment sacken, die Atempause “Gone Cold” ergeht sich in unterkühlt und stetig groovendem Tom Waits-Blues. Ansonsten bleiben Clutch bei ihrem kraftstrotzenden, unaufhaltsamen Riffing. Dass das mit den letzten zwei, drei Songs minimal abfällt, bleibt eine Fußnote an einem Album, an dem Clutch sich künftig messen lassen müssen.
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