Viel hat sich getan seit “Personal Life”. 2012 feiern The Thermals ihren zehnten Geburtstag, anschließend unterschreiben sie bei Saddle Creek und bringen die freundschaftliche Verbindung zwischen Oregon und Nebraska damit aufs Papier. Wichtiger für den weiteren Weg der Band ist aber, dass den drei Musikern jemand mächtig auf die Füße getreten hat. Was sie zu sagen haben, war schon immer wert, gehört zu werden. Die Art, wie sie ihre Botschaften vermitteln, war allerdings schon lange nicht mehr so kompromisslos wie heute. “I was born to kill/ I was made to slay”, lauten Hutch Harris’ erste Worte auf dem sechsten Thermals-Album. “Born To Kill” startet als wummernder Punksong und schaltet aus dem Leerlauf direkt in den dritten Gang. Die Band verbindet ihren Homerecording-Ansatz von vor zehn Jahren mit einem Teilgedanken des 2006er Albums “The Body, The Blood, The Machine”. Dessen “I Might Need You To Kill” dient als Konzeptvorlage für die 26 Minuten von “Desperate Ground”. Harris, Bassistin Kathy Foster und Schlagzeuger Westin Glass geht es dabei aber weniger um das Blut als um die “Full Metal Jacket”-Momente des Tötens – die unausweichlichen Voraussetzungen, die dazu führen. Die Produktion erfüllt Thermals-Standards und arbeitet gekonnt gegen den Sound. “Desperate Ground” ist laut und schlau, es klingt, als läge eine zentimeterdicke Schmutzschicht auf den Instrumenten und den Mikrofonen. Für die Stimmung der Platte wäre nichts anderes denkbar. Die Songs fühlen sich an wie das dumpfe Dröhnen einer entfernten Explosion. “You Will Be Free” legt extra viel Verzerrung über Harris’ Stimme, später in “I Go Alone” ist von seiner Wut nur noch die Angst übrig. “Each night I dream of a war/ Each one worse than the one before”. “Where I Stand” wird zur Neuverteilung der Rollen. Zwischen den Ausbrüchen empfiehlt sich Foster als Aushilfs-Anführerin und lässt ihren Basslauf dabei charmant wie eine Aufwärmübung aussehen. Die Thermals haben ein widerspenstiges Album geschrieben, das sie bei all ihrem Tatendrang auch an einem Stück eingespielt haben könnten. Sicher ist: Wenn am Ende von “Our Love Survives” alle tot sind und Harris zum Transistor-Sound der Gitarren vom Rednerpult der eigenen Beerdigung blickt, bleibt davor niemand einfach andächtig stehen. Denn “Desperate Ground” ist mindestens genauso tanzbar wie bedrückend.
weitere Platten
We Disappear
VÖ: 25.03.2016
Personal Life
VÖ: 10.09.2010
Now We Can See
VÖ: 03.04.2009
The Body, The Blood, The Machine
VÖ: 01.09.2006
Fuckin A
VÖ: 14.06.2004