Alle waren baff, als die Band aus Birmingham 2009 mit ihrer düsteren Keyboard-Platte “In This Light And On This Evening” um die Ecke kam. Mit einem Schlag waren alle Vergleiche mit Joy Division und Interpol vergessen. Stattdessen dachte man an O.M.D., Ultravox, Depeche Mode oder sogar die gute alte Electronic Body Music. Es überraschte keinen, als kurz vor den Sessions zum Nachfolger Gitarrist Chris Urbanowicz die Band verließ. “In This Light And On This Evening” hatte die E-Gitarre entmachtet. Dass der Hauptverantwortliche für dieses Instrument damit nicht gut klarkommt, ist nachvollziehbar. Nun sind zwei neue Leute dabei, doch wer erwartet hatte, dass sich die Band noch mehr ins Elektronische vertiefen würde, täuscht sich. Die Editors kehren als Stadionrockband zurück. Für die Produktion ging es nach Nashville, geholfen hat ein Team, das zuvor schon die Kings Of Leon auf die großen Bühnen gezaubert hat. Nun waren die Editors noch nie eine Band, die man deshalb mochte, weil sie besonders eigenständig klang. Auf Versteckspiele hatte die Gruppe keine Lust, das bestätigt auch Album Nummer vier: “The Weight” klingt zum Auftakt, als bewerbe sich Nick Cave im Herbst seiner Karriere noch einmal als Rock-am-Ring-Headliner. “Sugar” leiht sich den verzerrten Bass und die schamanisch-industrielle Atmosphäre bei den britischen Kollegen Muse und Placebo und schwenkt im C-Teil zu Coldplay über. Das wirkt konstruiert. Aber es funktioniert. Es folgt die Single “A Ton Of Love”, und man muss schon sagen: Hut ab. Wer Ende der 80er Jahre ein trauriger Kämpfer war, hat von so einem Bastard aus Bruce Springsteen, The Mission und U2 geträumt. Tom Smiths heiserer Schlachtruf Desire! verfolgt einen Tag und Nacht; das ist zum letzten Mal bei “Sex On Fire” von den Kings Of Leon passiert. Da jede Arena-Nacht Feuerzeugmomente benötigt, haben die Editors auch Balladen dabei. Mit “What Is This Thing Called Love” versucht sich Smith an der Kopfstimme, was dann doch ein bisschen wackelig klingt, denn Prince ist er nicht. Auch im langsam marschierenden “Honesty” verzichtet er auf sein dunkles Timbre, man denkt hier (und später auch bei “Hyena”) an keltische Rockbands wie Big Country oder Runrig. Ist das schon wieder cool? Wird das jetzt wieder cool? Es gibt viel Bombast auf “The Weight Of Your Love”. Und wie so oft auf solchen Platten, berührt am Ende der Moment besonders, in dem sich die Band sich mal zurücknimmt: “The Phone Book” ist ein hübscher mediterraner FolknCountry-Shuffle. Editors unplugged? Auch eine Idee.
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