Jay-Z
Magna Carta Holy Grail

Der Hauch von Paranoia, der seit jeher durch Shawn Carters Musik weht, ist leicht zu erklären. Bevor er zum Rapper, Modeschöpfer und Sportlerberater wurde, war Jay-Z eben Crackdealer. Die Marketing-Kampagne, die Magna Carta Holy Grail begleitet, ist schon schwieriger zu verarbeiten. Vorab war das Album nur als Teil einer Smartphone-App erhältlich, die in erster Linie aus Login-Pflichten, Re-Tweet- und Like-Wahnsinn sowie sonstigem Social-Media-Bullshit bestand. Solche Widersprüche zwischen Vergangenheit und Gegenwart waren früher ein entscheidender Teil der Jay-Z-Erfahrung. Auf Magna Carta Holy Grail ist die Masche erschöpft. Jay-Z und seine hochrangigen Gäste rappen überwiegend im Corporate-America-Modus, und wahrscheinlich sagt es etwas über sie und uns, dass eine Zeile wie „Reeboks on, I just do it“ hier natürlicher klingt als alles, was auf Nachdenklichkeit getrimmt wurde. Jay-Z zeigt sich verletzlich und überprüft im ungewöhnlich gefühlsechten Jay-Z Blue seine Familientauglichkeit. Spätestens die nächste Strophe ist dann aber wieder Triumphzug, Hoch-die-Tassen oder eine Auflistung von Statussymbolen, die mittlerweile selbst zum Statussymbol taugt. Die Beats dazu sind abseits der üblichen, von Beyoncé, Justin Timberlake und Frank Ocean besungenen Feuerwerke auch am Gegenwarts-HipHop interessiert. Sie blicken nach Florida und Chicago zu Trap und Drill, nehmen aber beiden das Grobe und Gefährliche. Dabei eh klar: Mit der unausstehlichen, faszinierenden Kunstfigur, die sich Kanye West übergestülpt hat, wären solche Geschäfte nicht zu machen.

HipHop

Weiter hören:
Nas
“Life Is Good”

Rick Ross
“God Forgives, I Don’t”