Wenn niemand singt, ist es Postrock, richtig? Oder wenigstens Post Metal? Das ist ja alles nicht so einfach zu benennen. Vor allem nicht bei Telepathy, die im Sekundentakt zwischen Russian Circles und The Dillinger Escape Plan, zwischen Pelican und Mastodon hin und her springen. Was anstrengend oder orientierungslos wirken könnte, macht im Fall von Telepathy großen Spaß. Einerseits liegt das daran, dass die vier Musiker ihr furioses Handwerk beherrschen, andererseits kann man auf drei Partys gleichzeitig tanzen. Denn wenn die fünf langen Songs (plus Intro und Intermission) nicht gerade vertrackt um Häuserecken springen, darf man sich mit ihnen entweder einem wohlig-epischen Postrock-Taumel hingeben oder kopfnickend im Sludge-Groove versinken. Die Band besteht aus den drei polnischen Brüdern Turek, die vom Briten Richard Powley an der zweiten Gitarre unterstützt werden. Ansässig sind Telepathy in Colchester, haben sich für das Mastering aber den US-Spezi James Plotkin (Khanate, Cave In) dazugeholt. Und wenn auch niemand singt, steht das Album in einem Konzept, dass sich mit Bewusstlosigkeit und dem Phänomen des Träumens auseinander setzt. Da sich in solche Musik von Natur aus viel hineininterpretieren lässt, kann man das durchgehen lassen. Andererseits: Wer bei “12 Areas” tatsächlich wegdämmert, der ist sicher taub oder abgestumpft. Denn in der großen, ausufernden Postrock-Welle der letzten Jahre gibt es (leider) nur wenige Alben oder Bands, die sich trauen, das übliche Laut/Leise-Konzept zu vernachlässigen und so sehr am Rad zu drehen, wie es Telepathy tun.
weitere Platten
Burn Embrace
VÖ: 27.03.2020
Tempest
VÖ: 31.03.2017