Kaum zu glauben, dass mit dieser Agenda so etwas wie Popmusik zustande kommen kann, doch genau das ist der Effekt, der sich nach den ersten verstörenden Durchläufen von “Geocidal” einstellt. Aus der scheinbaren Kakophonie schälen sich ungemein stark rhythmisierte, spannende Songs heraus. Das bis in die Haarspitzen elektrisierte “Irundi” erinnert dabei noch am stärksten an die besten Momente von Mike Pattons ewiger Kultband Mr. Bungle und hätte ebenso wie der “Bossanova From Hell Tenz” gut auf “Disco Volante” oder California” Platz gefunden. Trotzdem setzt Pateras – im Kontrast zu Pattons überpräsenter Stimme – zusätzliche Akzente durch wahnwitzig collagierte instrumentale Sequenzen, die er in Aufnahme-Sessions in der ganzen Welt sammelte. Jazz, Noise und Folklore verschmelzen zu einem verstörenden Amalgam und spiegeln eine globale Realität, die aus unvergleichlichen Kulturen und Konflikten besteht. Auch wenn Worte und Laute dem bekannten Pattonschen Repertoire folgen – sprich: nichts aussagen –, nimmt “Geocidal” eine niederschmetternd existentialistische Haltung ein, die sich der Welt wie einem Horrorszenario nähert. Trotzdem ist das hier kein abgehobener Avantgarde-Blindflug. Denn zu gleichen Teilen hat Pateras in seinen Stücken die emotionslosen Abgründe und die archaisch elektrisierenden Rhythmen unserer Zeit verewigt. Bei entsprechend mörderischer Lautstärke wird dieses Album womöglich zu einer schamanischen Grenzerfahrung für den, der sich voll und ganz darauf einlässt.
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Necroscape
VÖ: 03.04.2020