Tatsächlich scheint das Quartett aus Österreich wie ein musikalischer Schwamm zu funktionieren, der alle möglichen Stile aufsaugt und als wilden Mischmasch wieder auspresst. Der Groove und Sex-Appeal des Funk treffen so auf breitbeinige Gitarrensoli, HipHop-Beats auf große Pop-Melodien, polyrhythmische Percussions und hüpfende Basslinien auf geradlinigen Rock. Auch die Texte des extrovertierten Sängers Maurice Ernst ähneln eher vertonten Collagen und lassen sich nicht recht einordnen: In bester Diskurspop-Tradition werden Proust, Camus und Derrida erwähnt, nur um in der nächsten Zeile mit dem eigenen (selbstverständlich) riesigen Penis zu prahlen. Selbst für einen Deine-Mutter-Spruch ist sich Maurice nicht zu schade (“Feinste Seide”). Auch das aus dem Gangsta-Rap bekannte Protzen mit Statussymbolen gelingt Bilderbuch mit dem notwendigen Augenzwinkern, wenn die Karre in “Maschin” doch nur 70 PS unter der Haube hat. Wichtiger als der meist kryptische Inhalt der Texte ist allerdings die Art, wie Maurice diese vorträgt. Dabei wandelt er mit Leichtigkeit zwischen überdrehtem Sprechgesang (“Schick Schock”), wehleidig-flehender Kopfstimme (“Rosen zum Plafond (Besser wenn du gehst)”) und erinnert in Songs wie “Softdrink” oder der Kifferhymne “Spliff” gar an DAngelo oder Prince. Dass dieser mehr als gewagte, knallbunte Stilmix in zwölf von zwölf Fällen aufgeht, gehört aber gar nicht zur größten Leistung von Bilderbuch. Denn ganz nebenbei ist auch noch jeder einzelne Song auf “Schick Schock” ein verdammter Hit.
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