Björk hat darauf gewohnt souverän reagiert und das Album am nächsten Tag digital verfügbar gemacht. Aber das Digitale ist sicher das am wenigsten geeignete Medium, um sich einem Album zu nähern, das in einerseits schmerzhaft reduzierten, andererseits futuristisch anmutenden Songs eine Trennung nachvollzieht und wie man danach aus dem emotionalen Loch kommt. “Black Lake” und “Family” heißen die beiden zentralen Songs des Albums, beide sind um die zehn Minuten lang. Überhaupt scheint das Songformat Björk nur noch rudimentär zu interessieren und so ist “Vulnicura” mal wieder ein experimentelles Album der Isländerin. Neben den von Björk arrangierten Streichern gibt es nur noch ein paar, im Laufe des Albums präsenter werdende Electronica-Anklänge, für die mit Arca und The Haxan Cloak zwei derzeit sehr gefragte Produzenten verantwortlich sind. Im Mittelpunkt dieser Oper, die mit Mitteln der Kammermusik inszeniert wurden, steht aber Björk und ihre nach wie vor beeindruckend eigenwillige Stimme, die durch die gewählte Versuchsanordnung von “Vulnicura” in besonderer Weise exponiert wird. Und doch macht Björk daraus etwas Unvorhergesehenes: Sie spart sich ihre Manierismen, das Kieksen und Jauchzen, Schreien, Jaulen und Flüstern, und beschränkt sich einfach aufs Singen. Auf diese Weise liefert sie eines ihrer besten Alben ab: atmosphärisch dicht, emotional packend und in dem Maße state-of-the-art wie einige besonders verzweifelte Queens of Pop gerne wären.
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