Zeitloser Rock, der das Prädikat “klassisch” souverän umschifft. Fans von Mother Tongue dürfen hier bedenkenlos zuschlagen. Nicht klassisch deshalb, weil dieses Quintett aus Vancouver seinem Sound zwar keinerlei modernen Anstrich verpasst, aber stets so eigenwillig zu Werke geht, dass man es keinem Trend vergangener Tage eindeutig zuordnen könnte. Was wiederum nicht heißen soll, dass man nach Black Mountains Referenzpunkten lange suchen müsste: Blue Cheer, Led Zeppelin, Can, Velvet Underground, frühe Fleetwood Mac, und auch wenn man das Black im Bandnamen weglässt, liegt man nicht ganz falsch. Einen Großteil der Faszination macht hier der wechselstimmige Gesang aus. Stephen McBean, der wie Kings Of Leons Caleb Followill nach erfolgreich absolviertem Kurs in klarer Aussprache klingt, wird gänsehauterzeugend unterstützt von Amber Webber, die alte Rockchanteusen wie Stevie Nicks oder Grace Slick noch älter aussehen lässt. Wenn McBean und Webber auf angenehm unaufdringliche Art ihre Stimmen miteinander verschmelzen lassen, dankt es ihnen der Bauch des Hörers mit einem wohlig-warmen Gefühl. Die Musik hält sich gekonnt zurück, ein heavy Riff ist hier nicht Mittel zum Zweck, sondern die Brücke zwischen atmosphärisch dichten, aber nie überladenen Soundlandschaften, die die fünf auf ihrer Reise passieren. Manchmal sorgen schräge Gitarrenläufe und quäkende Bläser für einen leichten Jazz-Einschlag, zerstören aber nie den runden, warmen Grundton. “No Hits” arbeitet gar mit dezenten New-Wave-Anleihen, doch auch ohne permanent dominierende Gitarrenwände schwingt auch hier der Blues das Zepter, etwa vergleichbar mit der Art, wie Pink Floyd Mitte der Siebziger ihre Klangbilder malten. Weitere Highlights unter acht Leuchttürmen sind die düster-melancholische Ballade “Heart Of Snow”, das erhabene “Faulty Times” sowie “Don’t Run Our Hearts Around”, bei dem auch Rockerherzen aufgehen. Großartiger Einstand!
10/12 Dirk Siepe
Black Mountain versuchen alles und verheddern sich in ihren Ambitionen. Zur Vorsicht werden sie im Info als art collective bezeichnet, das lässt gern blind verzeihen. Sie haben den Seventies-Rock halbherzig wiederbelebt, jetzt hängt er an der Herz-Lungen-Maschine. Hanf quillt durch die Atemmaske, Alk und LSD durch Plastikschläuche. Und in regelmäßigen Abständen fragt er sich zu Recht, warum man ihn nicht hat ruhen lassen. Aber nein: Vier Typen und eine Lady wabern sich kaugummizäh mit Gitarrengeklimper und Doors-Georgel Richtung Nirvana. Schmeißen durchaus mit coolen Riffs um sich, von denen nur keines zu einem Abschluss kommt oder wirklich zur Geltung. Viereinhalb Minuten Songaufbau mit Bass und sphärischem Gegniedel, als Highlight dann ein Jazz-Saxophon? Wie man überzeugend nicht explodiert, zeigen uns besser die Kills. Was Black Mountain noch versuchen? Sabbath-Stoner, ein wenig Funk, stickigen Blues. Heraus kommt: 70s-Drone-Rock ohne Seele, ohne echten Pfeffer, dafür mit dezenter Abklatsch-Note. Jefferson Airplane neu aufgerollt und dabei den Faden verloren (höre: “Set Us Free”). Hinzu kommt: Je später die Platte, desto trübtassiger die Musik. Anfangs möchte man noch mit Stirnband und Batikshirt die Arme im Himmel eiern lassen, am Ende gähnt man und will schlafen. Nur noch schlafen… “Black Mountain” ist nett. Aber mehr? Nicht. Laut Homepage supporten sie nun Coldplay. Verstehe ein anderer.
5/12 Philipp Welsing
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